Magazin
Der Theaterprojektmanager
Falk Richter: Disconnected. Theater, Tanz, Politik. Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik. Alexander Verlag Berlin, 180 Seiten, 16 EUR.
von Martin Krumbholz
Erschienen in: Theater der Zeit: Bye, Bye, Europe (02/2019)
„Wir leben in einer Übergangsgesellschaft“, stellt Falk Richter in einer seiner Poetikvorlesungen fest. Es ist interessant, dass der 1969 in Hamburg geborene Theatermacher einen Begriff übernimmt, den Volker Braun einst auf einen ganz anderen gesellschaftlichen Zusammenhang gemünzt hat. Richter verknüpft die Bezeichnung mit der Frage: „Wie wird in Deutschland seit einigen Jahren neu über Herkunft, Nation, Zugehörigkeit, Familie, Beziehung diskutiert?“ Offensichtlich tun es „die Rechten“, also Menschen, die der AfD und ähnlichen Gewächsen nahestehen, fundamental anders als Leute wie Richter selbst, die für eine durchlässige, liberale und multikulturelle Gesellschaft eintreten.
Das Theater, wie Richter es versteht und in seinen Vorlesungen, die soeben im Alexander Verlag erschienen sind, beschreibt, soll sich mit relevanten Themen auseinandersetzen, in gesellschaftliche Diskussionen einmischen und den politischen Diskurs vorantreiben. Dabei versucht Richter den klassischen Autorenbegriff zu erweitern. Es geht ihm weniger darum, Fiktionen zu entwerfen und Rollen zu erfinden, als vorgefundenes Material zu sichten und quasi zu recyceln. Ob es um die Effizienzideologie eines entfesselten Marktes geht, in dem der Einzelne eine Hochleistungsperformance abzuliefern hat, oder aber um die Masken der Sprache, hinter denen die Rechten Herrschaftsansprüche und Bereitschaft zur Gewalt verbergen – stets sampelt Richter Floskeln und Sprachhülsen, um sie in einen neuen Kontext zu...