Unheimlich gut – zur Kompliz*innenschaft
von Förderung in und mit Transformationsprozessen @Kampnagel&Co.
von Holger Bergmann
Erschienen in: Kampnagel Hamburg. 40 Jahre Widerspruch – Workbook zum Jubiläum (07/2024)
Kampnagel ist ein unwahrscheinlicher Ort. Unwahrscheinlich gut, unwahrscheinlich exponiert und unwahrscheinlich produktiv. Ein Ort, den du dir nicht ausdenken kannst, der nur durch ein ebenso unwahrscheinliches Engagement entstehen und bestehen konnte und sich nur durch Engagement weiterentwickeln kann: vom besetzten Haus zum internationalen Produktionszentrum und schließlich zum vierten Hamburger Staatstheater, das ständig daran arbeitet, kein STAATStheater zu werden.
Vielleicht ist Kampnagel auch ein bisschen unheimlich – unheimlich erfolgreich, unheimlich aktiv und manchmal auch sich selbst unheimlich. Verstanden als produktiv-kritisches Unbehagen am eigenen Institution-Sein, ruft gerade diese Erfahrung des sich selbst unheimlich Seins die Figur einer künstlerisch wie gesellschaftspolitisch notwendigen Kompliz*innenschaft auf den Plan.
Kompliz*innenschaft, so Gesa Ziemer, unterstreicht die Dimension der Mittäter*innenschaft: Kompliz*in wird und ist man gemeinsam mit anderen. Diese Mittäter*innenschaft kann sich sowohl auf legale als auch auf illegale Praktiken beziehen. Meist liegt ihr aber ein Moment des kollektiv organisierten temporären Regelbruchs oder der Außerkraftsetzung von Regeln zugrunde, das im Zusammenspiel von Akteur*innen, Ordnungen und Institutionen neue Handlungsmöglichkeiten ebenso generieren kann wie neue Wahrnehmungen und Perspektiven. Der Ort der Kompliz*innenschaft liegt demnach zwischen einem Versprechen auf ein mögliches Anderes und einem Verbrechen, das im Zweifelsfall auch ein Aufbrechen oder Umbrechen des Bekannten und Gewohnten, des state of things...