Kuba 2015. Das 16. internationale Festival de Teatro de La Habana findet Ende Oktober an einem Ort nicht nur scheinbarer, sondern inzwischen auch gelebter Aporien statt. 43 Theatergruppen aus 23 Staaten, vornehmlich aus Lateinamerika, aber auch aus Frankreich, Norwegen, Kanada, Spanien und aus Russland sowie 16 kubanische Theaterproduktionen, flankiert von einem umfangreichen Lektionen- und Theorieprogramm, verleihen dem kulturellen Havanna einen Hauch von Offenheit, der vom vornehmlich jungen kubanischen Publikum gierig aufgesogen wurde. Kuba ist für den europäischen Besucher neuerlich hochinteressant, obwohl noch immer/schon wieder vielfach von Mythen gespeist und mit Imaginationen durchsetzt. Raúl Castro trifft Barack Obama, jahrzehntelange Handelsembargos werden aufgehoben, Papst Franziskus predigt in Havanna vor 100 000 Kubanern.
Noch immer/schon wieder ist die Insel eine Projektionsfläche für vom Kapitalismus enttäuschte Europäer. Eine Sichtweise, die seit der Hypothekenkrise 2008 und den neoliberalen Entwicklungen für Markt und Politik neu befeuert wird. Das liegt nicht zuletzt auch am speziellen Charme kubanisch-karibischen Lebensgefühls, das jenseits von Revolutionsssympathien emotionale Anziehung und vielfältige Projektionen hervorruft. Andererseits – das macht der Blick in den Alltag der Kubaner überdeutlich – werden auch auf Kuba ökonomische Reformen weit über das bisher praktizierte Maß privater Anreize unausweichlich. Der wirtschaftliche Druck erzeugt schon seit Jahren unübersehbare Risse im bis...