Mit forschendem Blick sitzen sie einander gegenüber, die drei schwarzen und drei weißen Schauspieler. Feierlich wirken die Rotund Orangetöne der afrikanischen Kleider und das eher klassische Schwarz der europäischen. Theaterleiterin Maria Manuela de Labão Soeiro und Christin Treunert (Bühne und Kostüme) haben sie gemeinsam ausgewählt. Die Wand mit den Glasfenstern zwischen ihnen lässt an den Besuchsraum eines Gefängnisses denken. Doch die murmelnden Stimmen weisen auf Christa Wolfs Roman „Medea“ hin, darauf, worum es wirklich geht: Euripides’ uralten Stoff für unsere Gegenwart zu befragen. Medea, Jason und Kreusa, auf der einen Seite der Fensterwand von schwarzen, auf der anderen von weißen Schauspielern verkörpert: Mehr Figuren aus dem 2500 Jahre alten Drama brauchen das Theater Osnabrück und das Teatro Avenida aus dem südostafrikanischen Mosambik nicht, um zu prüfen, wie es um Tragik und Missbrauch von Medea stünde, wäre sie eine Frau im Europa beziehungsweise im Afrika von heute. Für die deutsch-mosambikanische Koproduktion „Medea2 – Dois mundos, uma narração“ zeichnet das Regieteam um Manuela Soeiro aus Mosambiks Hauptstadt Maputo sowie um Dominique Schnizer, leitender Schauspielregisseur in Osnabrück, und seinen Chefdramaturgen Jens Peters verantwortlich. Es werden Textpassagen und Sinngehalt aus anderen „Medea“-Bearbeitungen benutzt. Neben Christa Wolf sind es Franz Grillparzer, Jean Anouilh und...