Essay
Widersprüche am Leben halten
Ein Exkurs über performatives Kuratieren
Erschienen in: Offen! Das internationale figuren.theater.festival – Erlangen Nürnberg Fürth Schwabach (05/2025)
Assoziationen: Performance Dramaturgie

Was könnte das bedeuten: „performatives Kuratieren“? Was wäre das Potenzial einer kuratorischen Praxis, die ihre Stärken in den Möglichkeiten ihres eigenen Mediums sucht?
Es ist frappierend, wie sehr sich bereits der kuratorische Diskurs in den Bildenden Künsten auf theatrales Vokabular beruft: Harald Szeemann, Prototyp aller gegenwärtigen Kurator:innen, hat seine Arbeit früh mit der eines Theaterregisseurs verglichen; die Kunsttheoretikerin Beatrice von Bismarck begreift Kurator:innen als Dramaturg:innen und das Kuratorische als ein „dynamisches Feld“, in dem alle beteiligten Elemente und Personen – inklusive des Publikums – zusammenkommen. Nimmt man Szeemanns Anliegen, Ausstellungen „zu inszenieren“, ernst, dann zeigt sich eben nicht nur, dass kuratorische Konzepte gerne (und oft unbewusst) Anleihen beim Handwerk des Theaters, der Performance und der Choreografie machen. Es stellt sich vor allem die Frage: Wie könnten sie noch mehr von theatralen Praktiken profitieren, indem sie deren Strategien und Techniken bewusst integrieren und Kuratieren selbst als performative Praxis verstehen?
Rückgewinnung von Terrain
Durch ein Festival kann man gehen wie durch eine Landschaft. Manches ist zufällig, manches ist sinnfällig. Verweilen oder weiterziehen, intuitiv erfassen oder intellektuell wenden. Das Ausdehnen, Verkürzen, Unterbrechen, Variieren von Zeit – als Spiel mit körperlicher und geistiger Ausdauer, Erschöpfung, Langeweile, Enthusiasmus – erzeugt eine andere Wahrnehmung, ebenso wie...