Theater der Zeit

Editorial

Erschienen in: ixypsilonzett: Bühnen und Bilder für junges Publikum (05/2016)

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Ja, ja, Theater sei ein Gesamtkunstwerk. Man kann es kaum mehr hören. Aber wenn dann die Schauspieler es nicht vermögen, die Black Box mit Bildern zu füllen, fehlt dem Zuschauer etwas. Ganz oft fehlt auch im Kinder- und Jugendtheater das Bühnenbild. Es ist ein Kostenfaktor. Es lässt sich kaum transportieren. Oft ist der Raum auch viel zu klein und schnell überladen. Und das ist ganz und gar nicht nur ein Phänomen des Freien Theaters, auch an den Sparten der Stadtund Staatstheater wird gespart – gelegentlich auch an der Ausstattung.

Aber ist es tatsächlich eine Frage des Etats? Ist es nicht vielmehr auch eine Geringschätzung der Bildenden Kunst. Ja, ja, die Darstellenden Künste setzen auf die Imagination der Schauspielerei oder auf die Bewegungen des Tanzes, die im besten Falle die Einbildungskraft animieren. Bilder entstehen im Geiste, Bühnen werden mit dem inneren geistigen Auge wahrgenommen.

Aber woher nehmen unerfahrene Publika ästhetische Erfahrungen? Wie kann Theater Schule des Sehens sein wollen, wenn es nicht räumliche Anregungen zu geben weiß? Und braucht das dramatische Kunstwerk nicht auch mehrdimensionale Spielflächen, braucht es nicht korrespondierende Hintergründe oder überraschende Architekturen? Jo Fabian setzt in seiner Annäherung an Caspar David Friedrich auf die Bildentstehung in der Verbindung „von äußerer und innerer Landschaft“. Er versucht Geheimnisse zu gestalten, sieht seine Aufgabe darin, zur „Wahrnehmungsveränderung“ beizutragen und „Licht und Sound“ strukturieren hier die Bilder. Wenn Christian Thurm über seine Bühnenbilder spricht, dann redet er von Wirkräumen: „Orte der Abstraktion und der Erzählung. Orte, die mit einem räumlichen Zeichensystem arbeiten, um Grundideen der Inszenierung und der Stückvorlage zu transportieren.“

Die Klassiker des Kinder- und Jugendtheaters wären ohne Bühnenbild nicht denkbar: „Der Zirkus der Kuscheltiere“ von Marlis Hirche und Oliver Dassing kommt mit einem kompletten Theaterrund, „Versammlung um die Braut“ von „Wederzijds“ verknüpfte Kos - tüme mit Malerei, Eva Bals „Speeltheater“ bespielte „Lauras Landschaft“ mit Musik und Tanz. Und was wäre die Münchner Schauburg ohne die künstlerische Handschrift von Peer Boysen, was das Berliner Grips ohne den pragmatischen Realismus von Mathias Fischer-Dieskau.

Bühnen und Bilder, da wächst zusammen, was zusammengehört. Bei den Theaterbühnenbildern darf es gerne etwas mehr sein. Und bei den Bühnenfotografinnen und -fotografen werden auch noch Kompetenzen gesucht, die den Fußstapfen von Jörg Metzner folgen könnten.

PS: In eigener Sache: Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben es sicher gemerkt: Die Bilder sind bunt; ja, wir präsentieren unser Magazin ab sofort immer farbig. Und zudem ist es vier Seiten umfänglicher. Was Sie noch nicht wissen ist, dass es künftig nur noch zwei Ausgaben geben wird (im Mai und im Oktober). Aber immer im Januar kommt ja weiterhin IXYPSILONZETT als Jahrbuch. Gewiss!

Wolfgang Schneider

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