Transformationen des Alltags
Materialbasierte Theaterproduktionen in der Theaterpädagogik
von Ute Pinkert
Erschienen in: Lektionen 5: Theaterpädagogik (10/2012)
Im Zentrum der Theaterpädagogik, so kann man verallgemeinern, steht die Vermittlung von Transformationsprozessen. Wenn man den spezifischen Charakter der Theaterpädagogik als Disziplin kulturell-ästhetischer Bildung von der Materialität des Theaterspielens ableitet, können grundlegende Erkenntnisse über theaterpädagogische Bildungsprozesse gewonnen werden, indem man fragt: Welche transformativen Wirkungen haben die Transformationsprozesse des Materials in der Produktion von Theater auf die Darsteller?
Will man diese Perspektive auch auf die heute in der Theaterpädagogik selbstverständlich gewordenen Aufführungen anwenden, die nicht von einem dramatischen Text ausgehen, sondern von auf verschiedene Weise generiertem Material,1 dann steht man vor der Frage, in welcher Weise sich Produktionsprozesse dieser Art von Theater strukturieren und untersuchen lassen. Eine Analyse, wenn sie über die konkrete Einzelproduktion hinaus Gültigkeit beanspruchen will, steht hier vor besonderen Herausforderungen: Indem diese Produktionsweisen nicht-künstlerisches Material aus dem Alltag als „Ereignisbereich des täglichen Lebens“ (Elias) zu Theater transformieren, thematisieren sie immer auch den Zusammenhang zwischen „TheaterKunst“ und „AlltagsLeben“, als eines in spezifischer Weise zu beschreibenden Verhältnisses zwischen einer Wirklichkeit des Theaters und einer Lebenswirklichkeit, die davon unterschieden ist. Der Begriff „Alltag“ ist in diesem Sinne als offene Größe zu verstehen, die für den Bereich der Wirklichkeit außerhalb des Theaters steht, aus der Material in den Produktionsprozess eingebracht wird....