Auch der Blick ist ein Gang
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Gänge finden immer in Räumen statt, in begrenzten oder in freien. Sie werden durch die Räume bestimmt und organisiert, kommen immer irgendwo her und führen woanders hin, haben einen Anfang und ein Ende. Stolpert jemand auf glattem Parkett, hat er den Grund dafür mitgebracht. Er bewegt sich selten oder nie auf glatten Parketten. Fühlt man sich beobachtet im Gebrauch seiner Beine, setzt man sie anders. Nicht der Raum macht unsicher. Er unterstützt nur, was in mir schon als Haltung angelegt ist.
Meine Beziehung zum Raum verändert den Gang. Betritt man einen unbekannten Raum, wirken die Erfahrungen mit, die man in bekannten Räumen gemacht hat. Bei den Gängen ist das ebenso. „Den ersten Schritt“ machen, ist eine Erfahrung, die man schon hat, also auch eine Erinnerung an Entscheidung, an Mut oder Versagen, an Überwindung von Hindernissen, an wollen und nicht können. Der Raum dient der Entwicklung von Gängen, in konkreten Ausmaßen und darüber hinaus.
Ein Voranstürmender wird zwar räumlich aufgehalten, aber er stürmt weiter in Sprache, Gestik… Ein Schleicher, wenn das eine innere Haltung ist und nicht eine körperliche Angewohnheit, hat nicht nur eine besondere Beziehung zum Fußboden, sondern auch zu Menschen und Dingen. Sein Gang benutzt die Möglichkeiten des Raumes...