Spaziert man im Sommer 2016 über die Einkaufsmeile in Brandenburg an der Havel und fragt auf gut Glück eine ältere Dame nach ihrem Theater, geschieht etwas Erstaunliches. Aber ja, sagt sie, sie kenne doch ihr Theater. Da hatten wir unsere Stars, Musiktheater zum Schwelgen! Dann wird sich herausstellen, dass sie vom Hoftheater in der Blumenstraße spricht. Es wurde 1944 ausgebombt. Und in jüngerer Zeit? Natürlich geht sie ins Theater, sagt die Dame. Einmal im Jahr, in die Berliner Oper.
Wie schreibt man über das Theater einer Stadt, die Theater nur dem Namen nach hat? Theater findet in Brandenburg, 50 Kilometer westlich von Potsdam gelegen, jenseits des Gastspielbetriebs fast nur in der Erinnerung statt. Als Brandenburg noch Industriestandort und Theater noch gefährlich war, erhielt zum Beispiel Frank Castorf hier seinen Ritterschlag als Regisseur: das erste Verbot. „Golden fließt der Stahl“ wurde einmal gespielt und dann abgesetzt. Brandenburg beschied ihm darauf das Glück einer Kündigung und sorgte so dafür, dass er nach Anklam kam, um dort Theatergeschichte zu schreiben. 1979 war das.
Damals eignete sich das Theater in Brandenburg noch als Sprungschanze. Man spielte in drei Sparten, Karten für das begehrte „Nachtprogramm“ konnte man hochwertig auf dem Tauschmarkt umsetzen. „Solo Sunny“ Renate...