Theater der Zeit

Den Dilettantismus feiern – statt negieren!

von Christoph Scheurle

Erschienen in: ixypsilonzett Jahrbuch 2023: laut & denken (01/2023)

Assoziationen: Theaterpädagogik Wissenschaft

Lyriks … von Unendlichkeit umarmt, Theater an der Ruhr, Mülheim a.d.R. 2021.
Lyriks … von Unendlichkeit umarmt, Theater an der Ruhr, Mülheim a.d.R. 2021.Foto: F. Götzen

Überall, wo die Kunst selbst noch kein rechtes Regulativ hat, (…) richtet der Dilettantismus mehr Schaden an und wird anmaßender. Der schlimmste Fall ist bei der Schauspielkunst. (Goethe/Schiller 1964: 748)

Eine traditionelle Sicht auf Dilettantismus, wie sie Schiller und Goethe geprägt haben (vgl. Goethe/Schiller 1964), charakterisiert eine*n Dilettant*in drei Eigenschaften: (1) Der Nachahmungstrieb und damit verbunden die Neigung, selbst Kunst zu produzieren. (2) Die Neigung, alles zusammenzuraffen und zu sammeln, was der Kunst ‚verdächtig‘ sei, ohne Kriterien für diese ‚Sammelwut‘ anzulegen; und eine – und das ist vielleicht der größte Vorwurf – (3) Nicht-Ernsthaftigkeit in Bezug auf die Produktion von Kunst und damit auf den Gegenstand der Kunst selbst. Was Dilettant*innen mangele, sei die Kenntnis der Regeln, die nur durch ein intensives Studium erlangt werden kann.

Führt man sich vor Augen, dass das Theaterspiel mit ungelernten Spieler*innen inzwischen ein wesentliches Feld sowohl Kultureller und Ästhetischer Bildung als auch im professionellen Theater etablierte Praxis ist, lässt sich feststellen, dass diese zwar nicht mehr den traditionellen Regeln der Darstellungskunst folgen, sondern ihre eigenen „Regulative“ gefunden haben. Was aber kann Dilettantismus als ästhetische Strategie gerade in den Darstellenden Künsten für junges Publikum und mit Kindern und Jugendlichen an ästhetischem Mehrwert bringen?

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