Einleitung
Erschienen in: Recherchen 171: Nebenfiguren (11/2024)
Der Titel dieses Tagungsbands scheint, wenn er spezifisch nach den Nebenfiguren fragt, eine unausgesprochene Voraussetzung zu haben: die nämlich, dass der zweite Bestandteil des Kompositums, »Figuren«, mindestens für die versammelten Beiträge klar definiert sein sollte. Durchkreuzt wird eine solche Definition indes nicht nur durch die Bandbreite kultur- und geisteswissenschaftlicher Disziplinen, in denen die Beiträge zu verorten sind, sondern auch durch die prozessuale, performative Dimension des Figurenbegriffs, die gerade in jüngeren Publikationen immer wieder akzentuiert worden ist.1
Vor diesem Hintergrund den Begriff der Figurationen ins Spiel zu bringen, bedeutet folgerichtig, gerade die Figurenwerdung, sprich: die Prozesse, die eine Figur allererst hervorbringen und intelligibel machen, ins Zentrum von Beschreibung und Analyse zu stellen. Figurationen in Augenschein zu nehmen, soll darüber hinaus auch die Pluralität von Figuren (und ihrer Genese) sowie die wechselnden Besonderheiten in den szenischen Arrangements mehrerer Figuren herausstreichen. Damit geht die Frage einher, wie Figuren konstelliert sind und welchen Konventionen der Anordnung sie unterliegen – also die Frage, wie Nebenfiguren (kon-)figuriert sind.
Figurationen, wie sie in den drei nachfolgenden Beiträgen aus der Medien-, Literatur-, Tanz- und Musiktheaterwissenschaft rekonstruiert und analysiert werden, besitzen das Potenzial, das schiere Konzept von Nebenfiguren und damit die Validität einer klar hierarchisierten Anordnung von Figuren...