Feministisch, solidarisch, dekolonial
von Julia Roth
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Für Formate, die andernorts (noch) nicht denkbar sind, bietet das Maxim Gorki Theater einen Möglichkeitsraum. Dafür stand für mich neben – oder: zugleich mit – der Idee, Praxis und Politik des von Shermin Langhoff geprägten postmigrantischen Theaters vor allem das Projekt BE.BOP – Black Europe Body Politics (2012–2018) und dessen Initiatorin Alanna Lockward. Als dekoloniale, transdisziplinäre kuratorische Initiative war BE.BOP bahnbrechend für die Berliner Kunstwelt und den deutschen Diskurs. Das künstlerisch-diskursiv-aktivistische Format brachte Afro-Europäer*innen und weitere Black-Diaspora- und dekoloniale Künstler*innen, Aktivist*innen und Denker*innen zusammen. Die beteiligten Performances, Filme, Lectures und Kunstprojekte – etwa von Patricia Kaersenhout, Jeannette Ehlers, Quinsy Gario u. a. – stellten, ebenso wie das Projekt BE.BOP insgesamt, wegweisende ästhetische Interventionen in die Debatten um Kolonialität, Rassismus und Zugehörigkeit dar. Und das lange, bevor die Debatten um Rassismus, Blackfacing, All-white-Casts usw. hier Fahrt aufnahmen und jenseits von reiner Identitätspolitik oder „Cancel Culture“. Parallel zum Gorki unter postmigrantischen Vorzeichen tat sich im Rahmen von BE.BOP ein Kosmos von Zusammenhängen auf, die im offiziellen Kunstbetrieb und von den diversen Migrationsforschungen kaum wahrgenommenen werden.
Bei BE.BOP bestand der Anspruch darin, hegemoniale Formen, Formate und Mythen von Reinheit und Einheit zu dekolonisieren. Alanna leistete mit ihrem in Anlehnung an Walter D. Mignolo...