„Oh Gott, ich bin so müde!“ Spricht’s und wirft sich auf das goldene Bett mit der üppigen Polsterung am Kopfende, ein Möbel von geradezu barocker Opulenz. So liegt sie nun darauf, auf dem Bauch, die Arme ausgebreitet, gekleidet in ein übergroßes weißes Nachthemd. Das war der mit Spannung erwartete erste Auftritt von Sophie Rois in René Polleschs „Cry Baby“ am Deutschen Theater in Berlin. Diese Schnoddrigkeit wusste zu gefallen, das Publikum lachte. Und das nicht zum letzten Mal an diesem Abend. „Ich habe mich in den ersten zwölf Minuten schon völlig verausgabt“, sagt Rois kurze Zeit später. Das ist zunächst Koketterie, nach weiteren sechzig Minuten kann man hingegen feststellen, dass sie sich auf eine Art und Weise verausgabt und verschwendet hat, die einzigartig und zurzeit auch unübertroffen ist.
Was macht Sophie Rois eigentlich, wenn sie auf der Bühne spielt? Es ist ja nicht nur die schier unglaubliche Energie, die den Eindruck erweckt, dass sich alles nach ihr ausrichtet wie die Eisenspäne um das Feld eines Magneten. Es sind nicht nur die Blicke, die den Raum zu durchstechen scheinen. Es ist nicht nur die Stimme, die mit ihrer Kratzigkeit spielt, die vom hohen Stil zum patzigen Einwurf wechselt. Es ist ein...