Ich bekenne mich zu meiner Arbeitsweise
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Christel Hoffmann: Du hast mal gesagt, jeder Sitzplatz im Theater ist eine Minibühne. Wie hast du das gemeint?
Horst Hawemann: Vom Theater kann man nicht fordern, was man von den anderen Künsten überhaupt nicht verlangt, dass alle das gleiche Bild betrachten und es für sich selbst auf die gleiche Art und Weise verwerten. Dieser Kollektivismus ist einfach unsinnig. Das Traurige für mich ist dabei, dass meine Partner, die Zuschauer – für die ich vielleicht auch ein bisschen stellvertretend bin – nicht so vernehmbar sind. Es wäre schön, wenn man sie mal kennen lernen würde… Und das war am Kindertheater anders. Dort kommt das Echo auf geradestem Wege, ohne Form und Anstand zu wahren, wieder zurück.
Deshalb benutze ich diese improvisierende Methode, die von Maria Knebel, Anatoly Efros, und natürlich vor allem von Wsewolod Meyerhold herkommt. Ich habe es satt mit der Richtigkeit zu leben, mit diesem „So und nicht anders“. Wenn ich in der Inszenierung Hundeherz von Michail Bulgakow, 1988 an der Volksbühne, den ersten Teil zur Freude der Zuschauer satirisch aufbaue und im zweiten eine Tragödie folgen lasse, aus der die Leute aussteigen, und man mir daraus einen Vorwurf macht, dann kann ich nur sagen: Ja, dieses Risiko bin...