Magazin
Schrankenlos gegen Beschränktheit
Zum Tod der Schauspielerin Renate Krößner
von Thomas Wieck
Erschienen in: Theater der Zeit: Zwillingsbruder eines Bürgerkriegs – Wajdi Mouawad und der Libanon (09/2020)
Die theaterfernen Nachrufe, die zum Tod von Renate Krößner am 25. Mai dieses Jahres erschienen sind, blicken eher auf die Film- und Fernsehdarstellerin zurück, nicht auf die außerordentliche Bühnenschauspielerin. Den Nachrufen müssen die Erinnerungen folgen: Mit Hermann Beyer debütierte die 1945 in Osterode am Harz geborene Renate Krößner 1966 in der legendären Peter-Hacks-Uraufführung „Der Schuhu und die fliegende Prinzessin“, einer Inszenierung der Staatlichen Schauspielschule im Ost-Berliner BAT. Und gleich ihrem Partner entsprach sie „als fliegende Prinzessin dem Grundton dieses gewitzten Märchens, halb unschuldsvoll noch, halb schon welterfahren, ihre eigenen Rechnungen aufmachend, wobei sie allerdings nicht auf ihre Rechnung kommt und schließlich, wie sich das gehört, zu ihrem Schuhu zurückfindet“, befand ein zeitgenössischer Kritiker.
Doch im gemeinen Schauspielerleben sah es anders aus. Krößners Partner blieb großstädtisch, und sie selbst entschied sich für die Provinz: Mit einer Gruppe Mitstudierender ging sie nach Parchim, ans traditionelle Absolvententheater der Schöneweider Schauspielschule.
Sie lebte ein entschiedenes, selbstbestimmtes Bühnenleben – was ein schwieriges Leben war, wenn man Schauspielerin in der sogenannten Theaterprovinz und dabei allen provinziellen Beschränkungen und Beschränktheiten so feind war wie sie. Und wenn man sich, nach Jahren ensemblegeschützter Zusammenarbeit in Brandenburg an der Havel mit Herbert König, harsch und scharf entschied: „Mit meiner...