Versäumte Rollen
von Burghart Klaußner und Thomas Irmer
Erschienen in: backstage: KLAUSSNER (09/2019)
Wenn der Shylock eine besonders gesuchte Herausforderung war: Gibt’s denn noch ähnliche Rollen, die Sie gerne gespielt hätten oder noch spielen wollen?
Ja, es gibt natürlich gerade die Rollen, die ich versäumt hab, weil ich eine Zeit lang zu sehr nur dem Ensemblegedanken anhing. Das sind Rollen, die würde ich heute gerne nachholen, der Prinz von Homburg oder Romeo zum Beispiel.
Das wird aber wahrscheinlich kaum passieren, oder?
Bei Romeo wohl nicht (lacht). Ich würde allerdings sagen, es gibt eigentlich keine Grenzen, keine Altersgrenzen für Figuren. Man kann unter Umständen ganz überraschende Volten dramaturgischer Art schlagen, wenn man sich von diesen Alters- und Generationsgedanken mal befreit. Ich verrate mal ein Beispiel, das ist der Wetter vom Strahl im Käthchen von Heilbronn. Wetter vom Strahl, besetzt mit einem Mann meines Alter, würde bedeuten, dass die Obszönität, dass dieses Käthchen unter allen Umständen diesem Mann gehören will, diesem Wetter vom Strahl, der darüber völlig konsterniert und auch etwas erschreckt ist, nochmal eine ganz andere Dimension bekäme. Bei einem gleichaltrigen Ritter Wetter vom Strahl ist es einfach eine gut nachvollziehbare Liebesgeschichte. Die Sprengkraft des kleistschen Stückes würde sich unter Umständen in einer Konstellation älterer Wetter vom Strahl – ganz junges Käthchen erst wirklich...