Wie sie in Worte fassen: die eigene Wut über das Wüten der ganzen Welt, das doch eigentlich sprachlos macht? Wut über die Aggression, die die Wutbürger von Pegida auf die Straße tragen, oder über die Wut- und Bluttaten der Attentäter, deren Anschläge auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt in Paris Anfang 2015 Schreibanlass waren für das neue Jelinek-Stück.
Dieses Stück selbst ist die Antwort auf die Frage nach dem Wie. Jelinek lässt der Wut (vordergründig) freien Lauf: „Wut“ ist ein vielstimmiger Chor der Wütenden, aus dem auch die Verstimmung der Autorin herauszuhören ist, die damit – scheinbar auf selber Stufe – neben dem Geifern von Pegida und dem Hass islamistischer Terroristen steht. Was Elfriede Jelineks Zürnen jedoch maßgeblich von dem aller Tollwütigen unterscheidet: Sie wandelt negative in kreative Energie um. Ihr Schreibfuror ist immer auch (und egal wie wild wuchernd ihre Texte ausfallen) ein gebändigter Furor, die Domestizierung destruktiver Kräfte.
Jelinek lässt alle zu Wort kommen: Wutbürger und Wahnsinnstäter. Dabei dreht sie ihnen aber nicht das Wort im Munde herum. Vielmehr nimmt sie es ihnen aus dem Mund heraus, um es durch den Jelinek’schen Sprachwolf zu drehen. Ein Drehen und Wenden ist das, das die...