Die Anfänge des liberalen Populismus: Schockstrategien und autoritärer Populismus
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Das Gespenst des Populismus – Ein Essay zur politischen Dramaturgie (01/2017)
Die Ausbreitung des Neoliberalismus vollzog sich in den 1970er Jahren von Land zu Land in sehr unterschiedlicher Form: Die Schockstrategien in Lateinamerika kamen ohne große Arbeit am theoretischen Überbau aus21, die Zerschlagung der Gewerkschaften in Großbritannien musste mit einem größeren Aufwand an politischer Propaganda begleitet werden22, die Abschaffung der Trennbanken vor allem in den USA und die biopolitischen Strategien auf dem mitteleuropäischen Arbeitsmarkt brauchten die volle Unterstützung eines theoretischen Überbaus und der innovativsten Kräfte in der Gesellschaft.
In den demokratischen Staaten, die eine längere Tradition des Wohlfahrtsstaats hatten, wurde nicht selten die Sozialdemokratie zum Anwalt der liberalen Mittelschicht, die sich dann als überraschend williger Helfer erwies. Das postmoderne Denken, das sich seit den 1970er Jahren an den Universitäten der westlichen Welt verbreitete, kann in seiner ideologischen Funktion bei der Durchsetzung des Neoliberalismus nicht hoch genug bewertet werden. Seine Hauptwirkung besteht einerseits darin, dass es die Begriffe des kritischen Denkens, mit dem die materiellen Lebensbedingungen und Eigentumsverhältnisse analysiert werden können, vollständig mit dem Mittel der Dekonstruktion zerstört hat. Und zum anderen hat eben diese Dekonstruktion nicht nur zu einer Zersplitterung des Denkens geführt, sondern die Subjekte und ihre Solidargemeinschaften sind atomisiert worden, so dass heute nicht mehr...