Sie sitzt vor dem Kleinen Haus des Staatstheaters Dresden in der Sonne und wünscht allen, die an unserem Tisch vorbeigehen, laut einen guten Morgen, obwohl es bereits nach 12 Uhr ist. Es klingt gelöst, oder soll man sagen: erlöst? Hinter Miriam Tscholl liegt eine kompakte Woche, das 4. Europäische Bürgerbühnenfestival in Dresden.
Ein Jahr lang hat sie darauf hingearbeitet, reiste durch Europa und sah sich vor Ort Produktionen an sowie zusätzlich über dreihundert Videomitschnitte von Inszenierungen. Elf hat sie dann nach Dresden zum Festival eingeladen, insgesamt fanden 38 Veranstaltungen statt, bis gestern. Wahrlich Anlass für ein kräftiges „Guten Morgen!“, in den Mittag hineingerufen. Der thematische Bogen war weit geschlagen, die Formen denkbar vielfältig. Da waren etwa in „Stadium“ von Mohamed El Khatib und dem Collectif Zirlib die Fans des französischen Zweitligisten RC Lens. Einst war die Gegend nördlich von Paris eine Kohle- und Stahlregion, heute klammert man sich hier inmitten von Arbeitslosigkeit und Armut an den Fußball. Niemand sage, dass Fans immer jung und männlich seien, Yvette ist weiblich und 84 Jahre alt. Aber immer noch ziemlich ausschließlich in ihrer Liebe: „1977 sagte mein Ehemann zu mir: ‚Ich kann das mit deinem Fußball nicht mehr, dass das ganze Haus gelb...