Berliner Erinnerungen
von Ueli Hirzel
Erschienen in: Zirkuskunst in Berlin um 1900 – Einblicke in eine vergessene Praxis (02/2025)
Nach 250 km Fahrt mit überladenem LKW und überlangem Wohnwagen auf holpriger Transitautobahn durch die DDR, passiere ich den Kontrollpunkt Dreilinden. Es ist das Gefühl auf einer Insel anzukommen. Dann 8 km Stadtautobahn über Avus zum Funkturm und gleich danach rechts zum Kaiserdamm. Dort, alles geradeaus die Prachtstraße hinunter bis zum Großen Stern. Ich fahre direkt auf den goldenen Engel zu und dort unter ihm rechts, nach der ersten Querstraße, ist der Currywurst Stand. Hier ist die Zufahrt zum Lützowplatz, einer riesigen Brache. Der Boden: schwarze staubige Schlacke. Gross, dunkel, fremd und verloren. Dort wollen wir unsere Aladin Wagengemeinschaft um unser kleines Zirkuszelt einrichten. Entmutigt fällt der Blick auf den Engel über uns. Unser Schutzengel über Berlin.
In Berlin gibt es Verborgenes und Unsichtbares. Man muss den wenigen Spuren nachgehen, wenn man es finden will. Aladin’s Spiegelzelt will dies unbeschreibbare Flair der tagesscheuen Schönen der Nacht zu sich in seinen Palast einladen. Wo aber findet es sich? Der Zufall bringt uns vom Lützowplatz in die Lützower Lampe (beide haben erstaunlicherweise nichts mit einander zu tun).
Die Lützower Lampe ist ein kleines, unauffälliges Lokal mit 5 Tischen und einer Bar. Dort wird das alte, vergessene, untergründig, anrüchige und frechmäulige Kabarett gepflegt....