Essay
Spiel aus der Phantasie
Erfordernisse des neuen Theaters
von Erich Engel
Erschienen in: Theater der Zeit: Objektive Kritik? (09/1946)
Assoziationen: Debatte
Gern hätte ich in ausgereifter Form von dem großen Thema gesprochen, von dem diese Skizze handelt. Nämlich von jenem Theater, von dem ich glaube, dass es kommen muss. Aber selbst, wenn ich mir die Zeit zu einer solchen Arbeit nehmen könnte, so wäre hier wohl nicht der richtige Ort für eine solche notgedrungen sehr ausgreifende Darlegung. Ich muss mich also mit einer flüchtigen Skizze dessen begnügen, was ich eigentlich sagen möchte.
Ich weiß, wie sehr solche Zusammendrängungen dem Missverständnis ausgesetzt sind. Ich weiß, wie undiplomatisch es ist, meine eigene innere Idealforderung öffentlich zu proklamieren. Ich muss aber, etwas vom Thema abschweifend, gestehen: ich habe gegen eine hellhörige und scharfe Kritik nichts einzuwenden, sofern sie helfen will und sofern sie gesonnen ist, alle Erscheinungen mit eben demselben Maßstab zu messen. Wenn ich an meine Schauspieler denke, so möchte ich eine ebenso wahre wie banal klingende Ansicht äußern: wirklich produktiv ist nur eine Kritik, der man bei allen Einschränkungen einen Funken von Liebe anmerkt, sofern nicht der Gegenstand der Äußerung solche Regung endgültig verscherzt hat. Wir alle sind noch nicht im vollen Besitz unserer Leistungsfähigkeit. Das zwingt zu einer besonderen Ökonomie der Kräfte. Da ein Lob die Sicherheit der künstlerischen Äußerung erhöht,...