Nachrichten aus dem Off
Zum Auftritt im barocken Trauerspiel
von Armin Schäfer
Erschienen in: Recherchen 115: Auftreten – Wege auf die Bühne (11/2014)
I.
Die Überschreitung der sichtbaren Grenze zwischen Off und On macht zwar den Auftritt, aber der Auftritt verleiht der Unterscheidung zwischen On und Off rückwirkend eine Bedeutung, die nicht alleine in räumlichen Begriffen zu fassen ist. Im Folgenden soll am Beispiel ausgewählter Trauerspiele des Andreas Gryphius gefragt werden, wie der Auftritt die Relationen zwischen On und Off moduliert. Das Dispositiv der Bühne gibt eine allgemeine Struktur für den Auftritt in barocken Trauerspielen der ersten schlesischen Schule vor. Die Stücke sind für eine Illusionsbühne mit Vorhang geschrieben. Unterteilt wird diese durch einen Mittelvorhang oder einen Schnürrahmen. Die zentralen Szenen spielen auf der Hinterbühne. Die Auftritte erfolgen aus Gängen zwischen den Kulissen oder aus Türen, die in die Seitendekorationen eingelassen sind. Zusätzliche Auftrittsmöglichkeiten eröffnen Versenkungen in der Bühne sowie ein Flugapparat, der es erlaubt, Schauspieler auf die Bühne schweben oder von ihr entschweben zu lassen. Von der Ausstattung des Theaters bzw. der Bühne lässt sich, wie Willi Flemming rekonstruiert hat, auf „eine ganz bestimmte Eigenart der Szenenfolge“446 schließen: Solch eine Bühne erlaubt die Aufführung von Stücken mit zahlreichen Auftritten und raschem Szenenwechsel zwischen Vorderbühne und Hinterbühne.
Das On umfasst, was aktuell auf der Bühne zu sehen ist. Das Off, das...