So ein ruhiger Anfang ist selten. Der Popsong, der nach den Wünschen Ivana Sajkos die Aufführung eröffnen soll, entfällt. Stattdessen herrscht bewegungslose Stille auf der schmucken brechtbühne des Staatstheaters Augsburg. Sechs Schauspieler – drei männlich, drei weiblich – halten die Luft an. Über ihnen: eine eindrucksvolle Wolke aus Glyzinienzweigen, in der ein Reifrock hängt. Unter ihnen spielen Schatten auf fransig verlegten Dielen. Plötzlich lässt eine Schauspielerin einen Arm pendeln, und ein kniender Kollege antwortet mit einem Zucken. Die Figuren erwachen aus dem Bild, um sich den ersten Monolog zu teilen.
In Sajkos „Bovary, ein Fall von Schwärmerei“ ist er Justin zugeschrieben, den die kroatische Autorin in ihrer Flaubert-„Cover-Version“ als Haupterzähler installiert. Der im Roman unauffällig omnipräsente Gehilfe des Apothekers ist eine von sieben Personen, deren Stimmen sie in die Gegenwart herüberhallen lässt, wenn auch auf unterschiedliche Sprecher verteilt. Unter diesen Stimmen natürlich auch die von Emma, ihrem Mann und ihren beiden Geliebten. Sie alle lässt Sajko das tun, was Flaubert tunlichst vermeidet: Sie philosophieren und stellen Meta-Betrachtungen über ihre Rollen an. Hie und da wird etwas Romanhandlung aufgepickt, die jedoch mehr oder weniger nur als Vehikel dient, um die Konsum- und Liebessucht der Titelfigur als universal zu behaupten. Ob wir...