Kolumne
Von Podiumsbewohnern
von Kathrin Röggla
Erschienen in: Theater der Zeit: Wovon lebt der Mensch? – Wolfgang Engler und Klaus Lederer (02/2018)
Assoziationen: Debatte
Es gibt Podiumsgewohnheiten, das steht fest. Eine besteht darin, die absurdesten Fragen zu akzeptieren und dann so zu tun, als würde man sie beantworten, auch wenn man über etwas ganz anderes spricht. Man könnte auch sagen, eine Talkshow besteht aus Antworten auf Fragen, die eigentlich nicht gestellt worden sind. Nachzufragen ist eine selten gehörte Geste geworden. Wahrscheinlich auch deswegen, weil die Zeit dort oben immer drängt und man ja ohnehin weiß, was man grundsätzlich sagen möchte und womit man letztendlich recht haben wird. Es gibt aber Leute, die wissen nicht ganz genau, womit sie recht haben wollen, sondern nur, dass sie recht haben wollen – und dann wird es kompliziert. Das Gespräch beginnt zu schlingern, aber leider ohne das Potenzial, interessant zu werden. Man könnte sagen, das ist das Zeichen des Unprofessionellen. Die Profis halten ihr Terrain gut abgesteckt und verlassen es selten. Vielleicht aber sehe ich deswegen so ungerne politische Talkshows, zu sehr ist alles abgesteckt, inklusive der Dramaturgie. Die Vorhersehbarkeit regiert, und ich denke mir, da könnte man ja gleich mit sich selbst reden. Gespräche brauchen etwas Unvorhersehbares, zumindest einen kleinen Rest davon. Geplante Gespräche indes sind merkwürdige Hybride zwischen der Behauptung des Spontanen und der Erwartung einer...