Lexikalisierte Gesten
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Lexikalisierte Gesten und Embleme können für sich stehen und Sätze oder Wörter ersetzen. Denken wir an die Money-Geste, das Aneinanderreiben von Daumen und Zeigefinger. Werden Daumen und Zeigefinger zu einem Ring zusammengeführt, während die restlichen Finger abgespreizt werden, entsteht ein Emblem, das kulturell sehr unterschiedlich interpretiert werden kann. Während es in den USA eine überwiegend positive Konnotation hat, ist es in einigen Ländern Europas ein Ausdruck für wertlos oder bezeichnet eine Person als „Arschloch“ bzw. in Teilen Südamerikas als männlichen Homosexuellen. In Japan steht es als Zeichen für Geld. Welche interkulturellen Missverständnisse sich dadurch ergeben können, zeigt folgende Geschichte: „Ein amerikanischer Geschäftsmann verhandelt mit potenziellen japanischen Geschäftspartnern in Tokio. Am späten Nachmittag schlagen die Japaner vor, die Sitzung in ein nahegelegenes Restaurant zu verlegen, und laden den Amerikaner zum Essen ein. Der lächelt und stimmt [mit der entsprechenden Geste] zu. Die Japaner verstummen, lächeln dann und sagen, das Restaurant sei nicht teuer. Die Verhandlungen scheitern.“120