Magazin
Volker, ahoi
In Gedenken an den Schauspieler Volker Spengler
von Frank M. Raddatz
Erschienen in: Theater der Zeit: Rechte Gewalt – Esra Küçük und Milo Rau im Gespräch (04/2020)
Meine erste leibhaftige Volker-Spengler-Erfahrung fand im Sommer 1988 in einem besseren italienischen Restaurant in Berlin statt. Volker wollte dem Veranstalter eines Heiner-Müller-Events das Video seiner legendären Bremer „Quartett“-Aufführung mit Traute Hoess nur für eintausend D-Mark aushändigen. Seine Forderung spickte er mehrfach und lautstark mit der Anrede „Du Kulturnutte“. Ein paar Plätze weiter am gleichen Tisch erklärte Einar Schleef derweil einem mittlerweile von der Bildfläche verschwundenen sakkotragenden Regisseur, dass ihn seine Windjacke nur 3 D-Mark 95 gekostet hätte. Bei Woolworth. Dann setzte Volker seine Kanonade fort, während sein Gesprächspartner immer mehr in sich zusammensackte, was der anwesende Heiner Müller mit „Angst essen Seele auf“ kommentierte.
Irgendwann in der Spielzeit 1998/99 kamen wir auch außerhalb des Backstage-Bereichs zusammen. Düsseldorf erwartete, dass sein Schauspielhaus den 100. Geburtstag von Gustaf Gründgens feierte. Als mir Karl Kneidl mitteilte, dass Peter Palitzsch und Volker gerne etwas zusammen erarbeiten würden, kam es zum Gründgens-Jubiläum-Projekt „Alles Theater“. Der Volker-Gründgens schwamm in einer braunen Brühe und bespritzte ab und an das Publikum. Zwar überzeugte die „grelle politische Revue“ den Spiegel, aber ansonsten schäumte Düsseldorf. Ein höherer Angestellter des Theaters warf mir vor, dass man angesichts dieses Spektakels glauben müsse, unsere Eltern und Großeltern wären alle wahnsinnig gewesen. Tatsächlich...