Als einen Mythos, „der danach verlangt, weitergesponnen zu werden“, betrachtet der Berliner Schauspieler Herbert Fritsch Shakespeares Hamlet und startete das intermediale Projekt „hamlet_X“: Er zerlegte den Hamlettext in 111 Splitter, die ihre eigene Auslegung erfahren und wiederum unterschiedlichste Referenzen entwickeln. Das Buch ist ein eigenständiges Kunstprodukt, das die anderen Erscheinungsformen des Projektes – Installation, Ausstellung, Film, Theater – auf seine eigene Weise ergänzt. Komplementär kann man den Hamlettext neu erfahren, ihn auch als bildrauschhaftes Ereignis wahrnehmen. Der Text ist eine kunstvolle Übermalung der shakespeareschen Vorlage, die sich in ihrer Deutung der Intrigen und Verstrickungen am Helsingöer Hof vom historischen Moment ablöst und in die Neuschreibung, in die Umdeutung und Fiktion wechselt. Er entstand auf einer Reise von Wittenberg nach Helsingör, auf der Herbert Fritsch dem Geist von Hamlets Vater und anderen Geistern, die ihn umgeben, begegnete. Auch die Fotos, die auf dieser Reise entstanden, wurden digital überschrieben und verschlüsselt, zu Comics verarbeitet, manipuliert und verändert, bis aus dem dokumentarischen künstlerisches Material wurde – vor dem Hintergrund der Frage, was Fiktion heute sein kann. Bestandteil des Buches ist die Hamlet-Übersetzung von Christoph Martin Wieland.