War Heinrich von Kleist einer, dem »auf Erden nicht zu helfen war«, wie er selber schrieb? Was ist davon zu halten, wenn Johann Wolfgang von Goethe Ludwig Tieck gegenüber befindet: »Mir erregte dieser Dichter bei dem reinsten Vorsatz einer aufrichtigen Teilnahme immer Schauder und Abscheu, wie ein von der Natur schön intentionierter Körper, der von einer unheilbaren Krankheit ergriffen wäre«? Und wenn Wilhelm Herzog 1927 in der Roten Fahne erklärt: »Ja, er war ein preußischer Junker, Sproß eines alten Adelsgeschlechts. Aber was für ein Junker war er! Er war ein Aufrührer, ein Rebell, politisch: ein Anarchist«? Gilt Marcel Reich-Ranickis Ausführung: »Heinrich von Kleist war ein Genie und ein Narr zugleich - und vielleicht hätte er das eine nicht ohne das andere sein können«?
Am 21. November 2011 jährt sich zum 200. Mal der Todestag Heinrich von Kleists. Solche Daten lassen sich kalenderhistorisch abhaken oder auch ob ihrer Zahlenmagie zelebrieren. Mehr verspricht der Versuch, zu erkunden, welche Folgen, Spuren, Echos und Fernwirkungen Kleists Schreiben der Gegenwart zeitigen konnte und könnte. Der Band dokumentiert einen Kleist-Tag auf Schloss Neuhardenberg, bei dem Künstler, Wissenschaftler und Journalisten in persönlichen Interventionen von ihrem Verhältnis zu Kleist berichten und gemeinsam debattieren.