Überlegungen
Die Schützengräben des Unwahrscheinlichen
von Claudia Yolin
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Chile (09/2023)
Assoziationen: Kostüm und Bühne Dossier: Chile
Seit 23 Jahren arbeite ich in den Darstellenden Künsten von der technischen Seite aus. Ich habe immer das große Engagement meiner Kollegen geteilt, darüber nachzudenken, was wir in den prekären Zuständen gelernt haben, denen wir ausgesetzt waren. Aus dieser fast verantwortungslosen Not der prekären Zustände, die wir selbst verschlimmern, entsteht eine Ästhetik des Unwahrscheinlichen, die völlig mit ihrem Kontext verbunden ist, von einzigartiger Schönheit, fast ohne Autor.
Wie können wir vergessen, als wir – weil wir keine Ressourcen hatten – in Holland ein Bühnenbild aus Karton machten, wie uns die Leute auf den Straßen von Amsterdam ansahen. Später wurde das zu „Cristo“ (Christus), einem Stück, dessen vollständig aus Karton bestehende Ästhetik sogar eine seiner Stärken war. Die gleiche Bühnenausstattung machten wir auch in Italien, und als ich zum Aufbau kam, sagte der Ausstattungsleiter zu mir, dass er es für Müll hielt, und er selber applaudierte dann am Ende der Vorstellung weinend im Stehen. Oder als ein Professor mir sagte, dass Beleuchtung unsichtbar sein sollte, weigerte ich mich immer, das zu glauben. Dass technische Ressourcen nur auf eine Weise verwendet werden können, kann ich nicht glauben. Beleuchtung ist ein so mächtiges Werkzeug, dass es absurd wäre, zu denken, dass es nur...