Frau Adnan, Sie leben in Paris. Wie haben Sie die Anschläge auf die Satirezeitung Charlie Hebdo erlebt?
Ich möchte über die Ereignisse sprechen, die jenseits der Attentate stattgefunden haben. Über den Marsch der Millionen am gestrigen Sonntag (11. Januar 2015, Anm. d. Red.). An diesem Tag gingen Millionen Franzosen auf die Straße – jenseits religiöser, jenseits ethnischer Grenzen. Es gab keine Grenzen. Es war eine Demonstration der Einigkeit. Das war wirklich sehr beeindruckend.
Angst ist ein starker Faktor, wenn es um Selbstzensur geht. Sie selbst sahen sich schon einmal aufgrund eines Textes Morddrohungen ausgesetzt. Wie sind Sie damals mit dieser Bedrohung umgegangen?
Ich bekam Morddrohungen, nachdem ich „Sitt Marie-Rose“ geschrieben hatte. Natürlich war ich erschüttert, verärgert, aber ich habe mich nicht beschwert: Ich attackierte auf meine Art und Weise die Phalange im Libanon, indem ich diese grundlegend wahre Geschichte geschrieben hatte. Sie reagierten auf ihre Weise. Es war Krieg.
Als Malerin ist Ihr Medium das Bild. Die Terroristen hatten eine bestimmte Art der Bildproduktion zum Ziel: die Karikatur. Wird Ihrer Meinung nach das Attentat Folgen haben auf die Bildproduktion in Europa? Ich bin nicht gegen Karikaturen. Ich weiß nur nicht, ob alles, was in der Hinsicht publiziert wird, notwendig...