Wie oft erlebt man schon einmal, dass nahezu das gesamte Publikum eines großen Hauses am Ende einer Vorstellung Standing Ovations gibt? Eher selten. Und wenn das doch einmal der Fall sein sollte, hat man es als Kritiker schwer, etwaige Einwände vorzubringen. Im Fall von Ryan McBrydes Inszenierung von William Shakespeares Klassiker „Romeo und Julia“ ist dies tatsächlich auch nicht nötig. Im Gegenteil: Aller Jubel ist gerechtfertigt und schon lange ersehnt. Die Aufführung scheint wie ein frischer Atemzug durch das gebeutelte Theater Trier zu ziehen. Schließlich ist es kaum zwei Jahre her, dass der Vertrag mit dem vormaligen Intendanten Karl Sibelius wegen eines satten Defizits von drei Millionen bei zudem rückläufigen Besucherzahlen aufgelöst wurde. Jenseits der medialen und politischen Schlammschlacht führte der Skandal sogar zu staatsanwaltlichen Ermittlungen und der generellen Infragestellung des Spielstandortes an der Mosel.
Und dann kam Manfred Langner, vormals Intendant der Schauspielbühnen in Stuttgart und überdies ausgebildeter Steuerinspektor – für ein derart in Finanzeklats geratenes Dreispartenhaus zweifelsohne eine gute Kombination. Denn dass mit der Ernennung seines Vorgängers der kaufmännische Verwaltungsdirektorenposten weggefallen und dadurch die künstlerische mit der haushälterischen Leitung zusammengelegt worden war, hatte sicherlich auch zur Misere beigetragen. Mit Langner ist nun ein solider Allrounder in Amt und...