Das naive Sehen ist wie ein goldenes Zeitalter, das unwiderruflich hinter uns liegt. Darum diese Melancholie im Theater der Bilder, das Katie Mitchell perfektioniert. Alles soll durchsichtig sein; nichts vom technischen Apparat, der nötig ist, wird verborgen – um am Ende dann doch wieder jene Faszination zu erzeugen, durch die Kunst erst zu wirken vermag. Aber nun unter offensivem Einschluss all der Bedingungen ihrer Hervorbringung. Vor allem sind es Kameras, gleich mehrere Teams, die als Schaltstationen zwischen Innen und Außen agieren.
Die Gefahr, dass die Schauspieler in diesem multimedialen Konzept zu bloßen, nur verschieden zu reproduzierenden Bildvorlagen degradiert werden, liegt da nahe. Wozu also noch die Bühne, das Spiel vor Publikum, wenn ein Großteil des Abends wie ein live produzierter Kinofilm wirkt, der auf großer Leinwand zu sehen ist? Aber das Besondere an Katie Mitchells bisherigen Arbeiten an der Schaubühne, vom Sommersonnenwende-Trieb-Arrangement „Fräulein Julie“ bis zum Depressionsstück „Die gelbe Tapete“, ist, dass es ihr gelang, die technische Mobilmachung wieder organisch ins Spiel einzufügen. Man sieht den Apparat, der für jede dieser Aufführungen nötig ist, aber er wirkt erstaunlicherweise nicht fremd, schon gar nicht entfremdet. Dass sie durchaus in der Lage ist, mit spartanischen Mitteln Theater zu machen, zeigte sie beim...