Umbauten: Vom Markthallenzirkus zum Großen Schauspielhaus
von För Künkel und Mirjam Hildbrand
Erschienen in: Zirkuskunst in Berlin um 1900 – Einblicke in eine vergessene Praxis (02/2025)
Im Frühjahr 1918 übernahm Max Reinhardt beziehungsweise seine Aktiengesellschaft den Markthallenzirkus von Albert Schumann, nachdem dieser seinen Betrieb niedergelegt hatte. Während der Umbauarbeiten stürzte das Bühnenhaus ein – zum Glück wurde dabei, so heißt es in den Unterlagen, niemand verletzt. Dieser Umbau bedeutete für das Zirkusgebäude eine damals vielleicht noch ungeahnte Zäsur: Mit der Übernahme durch Max Reinhardt – ein zwar umstrittener, aber bekannter Theatermann, der der Sphäre der Kunst angehörte – erfuhr die Spielstätte eine Transformation. Sie wurde Teil der ‚ernsten Kunst‘ oder, anders formuliert: kam in der Hochkultur an. Unter Max Reinhardt hieß die Spielstätte während 15 Jahren Großes Schauspielhaus. Das Stichwort ‚Großes Schauspielhaus‘ ruft heute noch, zumindest in Fachkreisen, Bilder der tropfsteinartigen, innenarchitektonischen Gestaltung des Hauses durch den Architekten Hans Poelzig hervor. Dahingegen ist die 45-jährige Zirkusära der einstigen Markthalle heute mehrheitlich in Vergessenheit geraten. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten – Max Reinhardt war jüdisch und wurde in die Flucht getrieben – erhielt die Spielstätte den Namen Theater des Volkes und die expressionistische Innenarchitektur wurde abgerissen.
Das Zentralblatt der Deutschen Bauverwaltung publizierte anläßlich der Wiedereröffnung der einstigen Berliner Zirkusspielstätte als Großes Schauspielhaus am 28. November 1919 einen Bericht des Baurats Karl Michaelis über den Umbau (vgl. Abb....