Wir sitzen dicht gedrängt im Studio des Maxim Gorki Theaters Berlin, hören den kleinen Brunnen am Eingang plätschern, atmen Kräuterduft ein und bestaunen auf zwei Leinwänden gephotoshopte Naturfotografien. Die Spielfläche ist durch einen blauen Kreis markiert, darauf blaue Küchenmöbel, steril in der Wirkung; ein halb transparenter Vorhang mit den Initialen der Gruppe Talking Straight (TS) umschließt den Raum wie die Schutzabdeckung eines Karussells. „Entertainment“ heißt der Abend und besteht aus einer Abfolge von Seminar-Sessions zum Thema Selbstoptimierung: Meditation, Chakrensensibilisierung, Makeup-Tutorial, Vorstellungsgesprächscoaching, dazwischen ein Tänzchen, ein Bach-Choral und zwei Gurken-Bananen-Minze-„Schmuschis“. Ausgestattet mit Kopfhörern, wird man hier – im Gegensatz zu anderen TS-Produktionen – nicht eingeladen, an der Schöneneue-Welt-Simulation teilzunehmen, sondern zuzuschauen, wie es sich die fünf „Elitshumen“ (mit blonden Perücken oder wasserstoffblond gefärbtem Haar) auf ihrer Wohlstandsinsel gutgehen lassen.
Talking Straight – bestehend aus Daniel Cremer, Alicia Agustín und Antje Prust sowie René Michaelsen, Lina Krüger, der Musikerin houaïda und Gastperformer/-in Tucké Royale – versteht sich „als Anbieterin professioneller Dienstleistungen“ wie performativer Simulationen und immersiver Theateraufführungen. Zu ihrem Portfolio gehören zudem Museums- und Stadtführungen, Coaching-Seminare und religiöse wie säkulare Rituale. Ihr Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal ist die 2010 von Daniel Cremer für das Kollektiv entwickelte „Fremdsprache“. Sie klingt nach einem Potpourri verschiedener...