Akteure
„Vorrücktwärts“
Zum 85. Geburtstag des Dichters und Dramatikers Volker Braun
Erschienen in: Theater der Zeit: Perspektiven der Volksbühne – Viktor Jerofejews Putin-Stück: Der Große Gopnik (05/2024)
Assoziationen: Akteur:innen Volker Braun
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Er ist der Dichter des aufrechten Gangs, ein Gang aus Kraft und Schmerz. „Langsamer knirschender Morgen“: Titel einer seiner Gedichtbände. Gehen, gehen, gehen, und immer noch nichts sehen vom Gipfel? Gut so, wir müssen endlich merken, dass es in die Tiefe geht. „Fortwährender Versuch, mit Gewalten zu leben“ heißt das jüngste, schmale Buch: biografische Erzählung und weltpackender Essay – das Wirkliche und das Gewollte im Aufeinanderprall, als schlügen Metallschilde gegeneinander.
Volker Braun. 1939 geboren an einem Sonntag in Dresden. Der Krieg. Die Elbhänge. Oben blühende Felder, unten glühende Trümmer. „Noch die Ruinen hatten Würde, das Grauen und die Schönheit gleichzeitig, das war meine ästhetische Erziehung.“ Vorm Studium der Philosophie war er ein freiwillig Suchender in Schlamm und Sand der Lausitzer Tagebaue. Baggerte nach Sinn und haltbaren Stoßkräften. Sein erster, jugendlich strotzender Gedichtband „Provokation für mich“ erregt Aufsehen. Jahrzehnte später, im Buch „Werktage“, kritisiert er sich: Das Einstige, das räudige Hoyerswerda der Brigaden, „war vorgefühl, nicht erkenntnis der lage. erschreckend, daß das damals solche wirkung tat“.
Aber: Arbeiter-Dichter blieb er. Ausdauernd neugierig, wie es um diesen historischen Heilsbringer, Proletariat genannt, wirklich bestellt sei. Als Braun Anfang des neuen Jahrtausends den Büchner-Preis erhielt, führte er in seiner Rede zwei Menschenzüge zusammen: Da...