Bericht
Ein Fest der Verbundenheit
Frank Bernhardts Abschiedsfestival „Beste Freunde“ am Puppentheater Magdeburg
von Katja Spiess
Erschienen in: double 46: Networking – Netzwerkmodelle im Figurentheater (11/2022)
Assoziationen: Theaterkritiken Sachsen-Anhalt Puppen-, Figuren- & Objekttheater Frank Bernhardt Puppentheater Magdeburg
Unlängst erzählte mir eine Kollegin von einer Festivalleiterin, die freundschaftliche Beziehungen zu den Künstler*innen zu einem zentralen Kuratierungsprinzip erklärte. Und über die Mentorin eines Förderprogramms erfuhr ich von Projekten, die durch mehrfaches Sehen oder Hören von Kunstwerken die Erlebnistiefe zu verstärken suchten. Beziehung und Vertiefung – keine selbstverständlichen Begriffe in einer Zeit, in der es immer ausschließlicher um Innovation und Output geht.
Wenig später hielt ich das aktuelle Festivalprogramm des vom Puppentheater Magdeburg ausgerichteten Festivals „Blickwechsel“ in der Hand. Titel und Motto des Festivals: „Beste Freunde“. Versammelt hatte der scheidende künstlerische Leiter Frank Bernhardt in seinem Programm vor allem Inszenierungen von Künstler*innen und Ensembles, mit denen er durch langjährige Gastspielkontakte im Rahmen des Festivals oder gemeinsame Projekte am Haus verbunden war. Unter diesen waren auch Produktionen, die bereits bei einem der vorangegangenen Festivals zu sehen waren – üblicherweise ein No-Go für eine Veranstaltungsform, die von der Neuheit und Einmaligkeit des Gezeigten lebt. Kombiniert waren die Arbeiten der „besten Freunde“ mit solchen „neuer Freunde“: Produktionen von Nachwuchskünstler*innen und performativen Formaten, die auf intime Begegnungen von Theatermacher*innen und Publikum abzielten.
Der Rückgriff auf bereits gezeigte Produktionen war in Teilen sicher der vorangegangenen Lockdown-Situation und der damit verbundenen Unmöglichkeit, neue Produktionen zu sichten, geschuldet. Es wäre jedoch dem Festivalprogramm nicht angemessen, würde man es ausschließlich als Produkt einer Krise begreifen. In seiner Programmatik dokumentiert sich vielmehr ein kuratorischer Zugriff, der ein Festival nicht oder zumindest nicht nur als einmaliges „Event“ begreift, sondern auch als Struktur der Verbindlichkeit und Verbundenheit. Der darauf vertraut, dass Kontinuität von Beziehungen Impulse und Begegnungen schafft – zwischen den gastierenden Künstler*innen, aber auch zwischen den Gästen und den Akteur*innen des gastgebenden Hauses. Man könnte auch sagen: Indem das Festival Möglichkeiten für nachhaltige Beziehungen schafft, gibt es perspektivisch Raum für Veränderung.
Es ist daher sicher kein Zufall, dass Frank Bernhardts zweites wichtiges Abschiedsprojekt eines ist, dass die Festivalidee programmatisch weitertreibt. In dem Projekt „RE-MEMBER“ (beschrieben in unserem Thementeil), werden ehemalige Gäste zu Partner*innen, unterschiedliche künstlerische Positionen nicht nur besichtigt, sondern gemeinsam erforscht und hinterfragt. Im besten Fall beweist sich auch hier die Struktur als „Vertrauensraum“ für neue kollaborative Strategien und Handschriften.
Mit beiden Projekten hat Frank Bernhardt seinem Haus und den befreundeten Künstler*innen zwei beeindruckende Abschiedsgeschenke gemacht. Und zwei Lichter auf der Abschiedstorte platziert, die klar in die Zukunft leuchten. – www.puppentheater-magdeburg.de