Vorwort
Erschienen in: Recherchen 14: Jeans, Rock und Vietnam – Amerikanische Kultur in der DDR (10/2002)
Kultur made in the USA spielte seit 1945 eine zentrale, wenn auch nicht immer öffentlich sichtbare Rolle in der Geschichte der DDR. SED-Funktionäre warnten mit ähnlichen Formulierungen wie ihre bürgerlich-konservativen Gegenspieler in der Bundesrepublik von Konrad Adenauer vor dem »barbarisierenden Gift des ... Boogie-Woogie« (Wicke) und einem mit »antikulturellen Mitteln« wie Rock-Musik und Jeans der Marke Levis vorgetragenen »Frontalangriff auf humanistisches Denken« (Wicke). Literaturwissenschaftler und Verlagslektoren versuchten, auf dem schmalen Grat zwischen Liberalisierung und Verbot amerikanische Literatur in die DDR zu bringen. Ulrich Plenzdorf machte sich einen Namen, als er den Werther-Erben Edgar Wibeau in »echten« Blue Jeans und mit Kofferradio auf der Bühne »offen« tanzen ließ. Sein Kollege Günter Kunert bewies mit dem Reisebericht DER ANDERE PEANET, dass man nicht nur über Moskauaufenthalte Novellen schreiben konnte oder im polnischen Jaroslaw nach neuen Stoffen suchen musste. Bertolt Brechts mehr von Hass als Liebe geprägtes, erst synthetisches, dann auf eigenen Erfahrungen fußendes Amerikabild hinterließ deutliche Spuren im Kulturbetrieb der DDR. Vom Westen subventionierte Frontstadtkinos boten Bürgern des anderen deutschen Staates gegen weiche Währung Tag und Nacht Zugang zu den Filmen aus den Traumfabriken von Hollywood. Und ein Heer von immer selbst- und konsumbewusster werdenden Jugendlichen erkämpfte sich mit Hilfe von mehr...