Theater der Zeit

Auftritt

Stuttgart: Eine Frau im Krieg

Schauspiel: „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad. Regie Burkhard C. Kosminski, Bühne Florian Etti, Kostüme Ute Lindenberg

von Otto Paul Burkhardt

Erschienen in: Theater der Zeit: Sterne über der Lausitz – Die Schauspielerinnen Lucie Luise Thiede und Susann Thiede (03/2022)

Assoziationen: Theaterkritiken Sprechtheater Baden-Württemberg Schauspiel Stuttgart

„Die Kindheit ist ein Messer an der Kehle“: Noah Baraa Meskina und Evgenia Dodina in „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad in der Regie von Burkhard C. Kosminski am Staatstheater Stuttgart. Foto T + T Fotografie, Toni Suter
„Die Kindheit ist ein Messer an der Kehle“: Noah Baraa Meskina und Evgenia Dodina in „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad in der Regie von Burkhard C. Kosminski am Staatstheater Stuttgart.Foto: „Die Kindheit ist ein Messer an der Kehle“: Noah Baraa Meskina und Evgenia Dodina in „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad in der Regie von Burkhard C. Kosminski am Staatstheater Stuttgart.

Es gibt eine ganze Reihe möglicher Gründe für das anhaltende Interesse auch deutschsprachiger Bühnen an Wajdi Mouawad, dessen Erstaufführungen hier, etwa „Verbrennungen“ (2006) und „Vögel“ (2018), jeweils eine Nachspielwelle von Berlin bis zur Wiener Burg auslösten. Da wäre zunächst der 1968 ge­borene, aus einer maronitischen Familie stammende Autor selbst, dessen Leben und Schaffen – Kindheit im Libanon, 1976 Flucht vor dem Bürgerkrieg nach Frankreich und ­Kanada – von den Nahost-Konflikten geprägt ist. Mouawad, seit 2016 Chef des Pariser Théâtre de la Colline, vermeidet konsequent Schlagwörter wie „Palästinenser, Israelis, Libanesen“. Es geht ihm nicht um Ethnien, Parteien, Religionen, Schuldzuweisungen. Seine Texte wahren eine eher säkulare, universelle Perspektive, lassen punktuell sogar aufklärerische Zuversicht aufblitzen. Und nicht zuletzt: Seine aberwitzig konstruierten, fabulierfreu­digen Plots stehen sprachlich in einer fran­zösischen Theatertradition, die Diskurs und Boulevard nicht als Gegensatz wahrnimmt.

In jüngster Zeit setzt auch Stuttgart Mouawad-Impulse: 2018 mit „Vögel“, einem viersprachigen Nahost-Familienepos in der ­Regie von Intendant Burkhard C. Kosminski, 2021 mit dem Europäischen Drama­ti­ker:in­nen-Preis an den Autor. Jetzt legt Kosminski „Verbrennungen“ nach – in einer neuen, ebenfalls viersprachigen Version. Doch die Sprachenvielfalt, die im „Vögel“-Text vorgegeben war und sich aus den englisch, hebräisch, arabisch und deutsch verorteten Schauplätzen ergab, wirkt in „Verbrennungen“ – als...

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