Achtsamkeit ist gegenwärtig ja im Trend – und in der Tat könnte historische und politische Achtsamkeit viel zum besseren Verständnis der Entwicklungen in den letzten Monaten und Jahren beitragen. Zum Beispiel so: Die liberalen Demokratien des Westens folgen seit mindestens zwei Jahrzehnten überwiegend neoliberalen Politikkonzepten, was folgerichtig zu ungehemmtem Kapitalismus führt. Eine Ordnung, in der das Recht des Stärkeren gilt und in der es die Tendenz zu immer stärkerer Konzentration und immer weiterer Ausdehnung gibt. Am oberen Rand explodieren die Vermögen, während es für das untere Drittel der Gesellschaft seit Jahrzehnten in fast allen Bereichen des Lebens nur schlechter wird oder bestenfalls stagniert. Grundiert wird dieses Verhältnis von einem verbreiteten Gefühl allgemeiner Überforderung, bedingt durch Globalisierung und rasenden kulturellen und technologischen Wandel. Das lässt die gesellschaftlichen Widersprüche und Spannungen schließlich so groß werden, dass Krisengewinnler wie die AfD, Marine Le Pen oder Donald Trump mit offensichtlich falschen Versprechen fette Beute machen können. Womit das Unheil erst so richtig Fahrt aufnimmt. Historisch achtsamen Beobachtern muss auffallen, wie sehr das in seinen Grundzügen an die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und den Aufstieg der Nazis erinnert.
Während diese fatale politische Entwicklung also ihren Lauf nimmt, diskutieren damals wie heute die Linksliberalen mit...