2015 veröffentlichte der slowenische Philosoph und Kulturkritiker Slavoj Žižek sein erstes Theaterstück: „Die drei Leben der Antigone“, ein Theaterexperiment im Geiste des Brecht’schen Lehrstücks, das Sophokles’ „Antigone“ in drei Versionen erzählt – mit ebenso vielen Enden. Ist Antigone, die sich, um ihren Bruder Polyneikes zu bestatten, dem Verbot Kreons widersetzt, wirklich eine Heldin im Widerstand gegen die Staatsmacht? Felix Ensslin inszenierte dieses lange als unspielbar geltende Stück mit dem belgischen Agora Theater. Anlässlich der Deutschlandpremiere sprach er im FFT Düsseldorf mit Slavoj Žižek über das Misstrauen gegen vermeintliche Helden, den Golfspieler Donald Trump, Gottes barbarische Seite und die fatale Sehnsucht nach Authentizität.
Slavoj Žižek, Sophokles’ Antigone wird gemeinhin als Heldin des Widerstands gegen eine unmenschliche Staatsmacht gelesen. Was hat dich an dieser Figur interessiert?
Ich bin ein Philosoph, der sehr gerne verunsichert. Ich sage: Vergesst diesen ganzen psychologischen Bullshit. Ihr seid frei zu wählen? Nein! Ich stehe weder auf der einen, noch auf der anderen Seite, sondern auf einer dritten. Ich tue dies, um zu schockieren. Ich denke, Antigone ist die Böse. Es gibt zahlreiche Versionen, nicht nur meine drei. Ich mag beispielsweise Jean Anouilhs „Antigone“ sehr, wenngleich sie oft als protofaschistisch abgetan wird. An diesem Stück lässt sich die...