Auftritt
Theater Oberhausen: Femizid im Fokus
„Woyzeck“ von Georg Büchner – Regie Pia Richter, Bühne und Kostüme Julia Nussbaumer, Musik Maria Moling
von Stefan Keim
Assoziationen: Nordrhein-Westfalen Theaterkritiken Theater Oberhausen
Woyzeck sticht auf Marie ein. Sie bricht zusammen, zuckt. Er ist erstaunt. Immer noch nicht tot? Wieder stürzt er sich auf die junge Frau. Kunstblut spritzt. So ein konventionell inszenierter Theatermord ist selten auf deutschen Bühnen. Der Femizid ist der Fokus von Pia Richters Blick auf Georg Büchners Dramenfragment. Diesmal gibt es keine Mitleidsnummer für Woyzeck, und nur am Rande eine Seelenschau, wie aus einem Menschen mit Wahnvorstellungen ein Mörder werden kann.
Die Bühne zeigt das Ende eines mit Sand gefüllten Grabens, vielleicht ein ausgetrockneter Kanal, vielleicht ein Grab. Dahinter ein Haus mit balkonartigen Öffnungen. Hier erscheinen die Figuren, von denen Woyzeck gequält wird. Aus dem Arzt, der ihn als Versuchskaninchen missbraucht, ist eine Ärztin (Regina Leenders) geworden. Auch der beste Freund Andres (Franziska Roth) wird von einer Frau gespielt. Der Hauptmann (Klaus Zwick) hat während des gesamten Dialogs mit Woyzeck die Hand tief in dessen Hose gesteckt. Übergriffigkeit pur.
Der Tambourmajor (Elias Baumann) sieht furchtbar attraktiv aus. Woyzeck empfindet ihn als Bedrohung, weil er sich seiner Opferrolle bewusst ist und glaubt, mit diesem Schönling nicht um die Gunst Maries konkurrieren zu können. Dazu wummern leise düstere, melancholische Kompositionen von Maria Moling. Julia Nussbaumers Bühnenbild – die Kostüme hat sie...
Erschienen am 21.12.2022
