Bericht
Lichtwarktheater: Ein Haus für alle
Das neue Theater in Hamburg-Bergedorf
von Peter Helling
Erschienen in: Theater der Zeit: Neue Dramatik (03/2023)
Assoziationen: Hamburg Dossier: Neubau & Sanierung

Das KörberHaus: ein Haus für alle Kulturen und alle Generationen, verspricht Lothar Dittmer, der Vorstandschef der Körber-Stiftung. „Es ist mehr als ein Bürgerhaus, es ist der Versuch, diesen Ort zum kulturellen Mittelpunkt von Bergedorf zu machen. Dazu muss man in die Mitte gehen, das Zentrum, neben dem Einkaufszentrum, in der Nähe der B5, an der Grenze zwischen sehr unterschiedlichen sozialen Räumen, die Schnittstelle des gesamten kulturellen Lebens in Bergedorf.“ Von außen wirkt der Neubau wuchtig und abweisend: eine viereckige Kiste mit drei Stockwerken, Glasfronten, die mit Kupferlamellen verkleidet sind. Dass es an drei Seiten von Wasser umgeben ist, verstärkt den burgartigen Charakter. Ganz anders innen, da betritt man einen hellen Lichthof, die Lamellenstruktur setzt sich in mattem Weiß fort und zieht den Blick nach oben: Die Architektur wirkt leicht, transparent, trumpft nicht auf.
Eva Nemela ist Leiterin des Bereichs Alter und Demografie im KörberHaus. Stolz zeigt sie auf ein Steinmosaik des Künstlers Edouard Bargheer von 1961 im Umgang des obersten Stockwerks. Es hing schon im Vorgängerbau. Es zeigt ein spielendes Orchester, die Farben der Steine, Mattblau, Grün, Grau, Kupferorange, Champagnerweiß setzen sich in den Möbeln der drei Stockwerke fort. „Dies ist ein Haus für Begegnung, für Kultur und für Bildung“, sagt sie, und: ein „shared civic space“. Gemeinnützige Organisationen können Räume mieten und nutzen. „Wir wollen nicht hierherkommen und sagen, wir sind besonders toll, sondern: Wir füllen die Lücke, die es hier gibt, und wir bieten euch in euren Kulturen Räume, um zu uns zu kommen.“ Es geht um Eigenengagement, nicht um Dienstleistung.
Wo ist aber jetzt das neue Lichtwarktheater? „Wenn die Türen zu sind, verschwindet das Theater optisch. Es ist gar kein eigener Bau hier, sondern ist Teil dieses Gesamtkomplexes und -konzepts“, sagt sie. Dann sperrt Eva Nemela eine Doppeltür im Lichthof auf, die Rückseiten leuchten orange. Und innen: Mit 458 blau gepolsterten Sitzen ist es das derzeit modernste Theater der Stadt. Fast klassisch gibt es Rang und Parkett, mit einer Bühnenbreite von 20,85 Metern, einer Tiefe von fast zehn Metern. „Wir haben jetzt keine Ausrede mehr, hier nicht alles zu zeigen“, sagt Axel Schneider. Achtzehn Jahre lang hat er mit seinem Programm die deutlich kleinere Bühne im „Haus im Park“ bespielt, im eher gediegenen Villenviertel von Bergedorf. Die Intendanten des Altonaer Theaters, der Hamburger Kammerspiele und des Harburger Theaters und die STÄITSCH TheaterService GmBH werden an 75 Tagen von insgesamt 200 im Jahr Gastspiele, Kabarett- und Musikprogramme zeigen. Er erhofft sich „einen Schub für die Kunst, für den Spielplan“. Es sei viel in Bewegung, sagt er, Zusammenarbeit möglich: „Man lernt sich automatisch kennen, und wer sich kennenlernt, entwickelt auch meistens Ideen.“
Das Theater werde auf keinen Fall die kleinteilige und vielfältige Kulturszene des Bezirks „aufsaugen“, sagt auch Lothar Dittmer. Der Bezirk Bergedorf und die Körber-Stiftung sind die Hauptnutzer der neuen Bühne. Schon jetzt gebe es einen „Run“, sagte Eva Nemela. Der türkische Chor, das Kulturzentrum LOLA, das polnische Theater wollen auftreten, Schülergruppen. Immerhin, am Eröffnungstag kamen rund 3000 Menschen. Ein gutes Zeichen, findet Eva Nemela. Lothar Dittmer hofft, dass das Haus zu einem Modell wird: „Hier gehen die öffentliche Hand, der Bezirk und eine private Stiftung eine Kooperation ein, die in dieser Form einmalig ist.“ Es geht ihm um eine Stärkung der zivilen Bürgergesellschaft, um Demokratie. Und das ist ganz im Sinne des Namensgebers des Theaters: Alfred Lichtwark, Mitbegründer der Museumspädagogik. Er wollte Kultur für alle.