Wenn Walter Felsenstein Verständlichkeit als seinen stärksten Wunsch in seiner künstlerischen Arbeit bezeichnet[2] und für seine Inszenierungen einen „Realismus, der auf den Takten der Partitur beruht“,[3] in Anspruch nimmt, so hat er damit auch zwei Grundprinzipien der Arbeit von Peter Sellars benannt. Doch ist der Begriff Realismus in Felsensteins Sinne überhaupt auf einen Regisseur anwendbar, der Mozarts Don Giovanni[4] im Spanish Harlem der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts spielen lässt, der die Zauberflöte[5] ihrer Dialoge beraubt und die Handlung dieser Oper unter eine Autobahnbrücke in Los Angeles versetzt?
Was kennzeichnet die Arbeit von Peter Sellars, der anders als Felsenstein in seiner Heimat so brüske Ablehnung erfahren hat, kaum noch in den USA arbeitet und dessen Arbeiten doch so stark von der amerikanischen Kultur geprägt sind? Und was hat das mit Walter Felsenstein zu tun?
Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden, und zwar zum einen anhand der Inszenierungen von Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni (1980), Così fan tutte (1985)[6] und Le nozze di Figaro (1988)[7] sowie Zaide (2006), ebenfalls von Mozart.
Bei der Trilogie der drei Mozart/da Ponte-Opern lässt sich sehr gut erkennen, wie ernst Sellars den Anspruch auf Verständlichkeit seiner Arbeiten nimmt, sind...