Herr Wieler, Sie inszenieren nach sechs Jahren erstmals wieder am Schauspiel, und zwar ein Stück von Ihrem Intendantenkollegen Armin Petras, genauer gesagt von dessen Alter Ego Fritz Kater: „I’m searching for I:N:R:I (eine kriegsfuge)“. Es erzählt vom Scheitern der Liebe zwischen Maibom, einem Nazi-Jäger, und Rieke, die in der NS-Zeit Schuld auf sich geladen hat. Wie würden Sie die Struktur dieses Textes beschreiben?
Das Stück ist sehr komplex, weil es mit so vielen verschiedenen Genres umgeht und spielt. Es ist eine Liebesgeschichte, es hat etwas von Film noir, ist aber auch eine Erzählung über die Folgen des Kriegs, über Verletzungen, die der Krieg Biografien zufügt, über die Versehrtheiten der Menschen, über Verschüttungen. Es zitiert Literatur der fünfziger, sechziger Jahre; Heinrich Böll fällt mir ein – in der nüchternen Sicht auf die Biografien dieser Zeit.
Das Stück wechselt extrem in den Zeiten. Es spielt um den Jahreswechsel 1959/60, springt zurück in das Kriegsjahr 1941 und nach vorne in den Sommer 1989. Die große Zeitspanne von 1941 bis 1989 wird nicht chronologisch erzählt. Mit seinen vielen Rückblenden hat das Stück auch filmische Züge. Bei meiner ersten Lektüre war ich immer wieder neu überrascht von den Verwicklungen, die sich da auftun in diesem...