Theater der Zeit

4 Theatrale Interventionen und ethische Ambivalenzen

von Florian Evers

Erschienen in: Recherchen 139: Theater der Selektion – Personalauswahl im Unternehmen als ernstes Spiel (11/2018)

Anzeige

Ein Theater, das mit dem Sozialen wie dem Politischen ‚spielt‘, das eine Gruppe identifiziert, in deren sozialen Kontext mit dem Ziel der Transformation interveniert werden soll, und ein Instrument zur Anwendung bringt, das im Stande ist, Grauzonen zwischen spielerischer Leichtigkeit und ernstem sozialpolitischen Kontext zu generieren, ein Theater, das nicht zuletzt Geld annimmt, um die sozialpolitische Agenda des Geldgebers durchzusetzen und auf seinen Bühnen ein Schauspiel der Subjektivation durchführt, unterliegt selbstredend auch ethischen Fragestellungen.

Die Agenden vieler Applied-Theatre-Projekte erscheinen als progressiver, liberaler, oftmals basisdemokratischer oder gar sozialistischer, radikal humanistischer und utopischer Entwurf, verpflichten sich Werten wie Friedensarbeit, Resozialisierung und Solidarität und lassen sich durchaus als direkter Gegenentwurf zur sozialpolitischen Kälte, zum lähmenden Halten eines asymmetrischen Status quo, zu repressiven oder gar gewalthaltigen Interventionen lesen. Hier muss Therapie nicht Reizstrom, Monolog auf der Couch des Psychoanalytikers oder sedierende Medikation bedeuten, sondern das Darstellen des inneren Konflikts und die Reaktivierung von Körper und Seele durch Tanz und Verkörperung. Gefangene werden nicht lediglich weggeschlossen, überwacht oder gar zur Ordnung geprügelt, sondern mit Theaterworkshops resozialisiert, die sie als Mensch in einem bisweilen unmenschlichen System ansprechen. Jugendlichen aus Problemvierteln kann neben lähmender Perspektivlosigkeit, der Drohung des Jobcenters und des Jugendarrests auch die Schönheit von Strawinsky nahegelegt werden. Die ‚westliche Hemisphäre‘ sendet in die sogenannte Dritte Welt nicht länger nur Missionare, Kolonialtruppen, Getreide oder Waffen, sondern hat seinem Interventionsrepertoire zur Konfliktlösung in den letzten Dekaden neben dem durchaus weiterhin militärischen Aspekt auch den theatralen hinzugefügt190 und Fortbildungskurse in der Arbeitswelt bedeuten eben nicht nur trockene, dem Frontalunterricht der Schule ähnelnde Seminare, sondern das Spiel, die Kreativität, Motivation und den Willen zur Selbstoptimierung. Das Theater erscheint hier als homöopathisches Allheilmittel für einige der größten und eine ganze Reihe mittelgroßer Geißeln der Menschheit – vom Krieg bis zur Apathie. Seine Wirkungsversprechen bauen darauf, dass diverse identifizierte, gesellschaftliche Probleme in den Summen ihrer Teile aus einer Masse von Individuen mit Problemen bestehen, deren Selbst- und Weltverhältnis nicht festgeschrieben ist, sondern veränderbar und formbar – ein Theater, in dem eine alternative Wirklichkeit einer anderen sozialen Rolle äußerlich performt und geprobt werden kann, mit der Hoffnung, dass sie sich in der Seele sedimentiert und sich so utopisches Spiel in soziale Realität verändern lässt – die Goffman’sche „Dramatologie“191 als Regierungsinstrument: Ein Zwangssystem würde zur Lösung eines Problems herrschen und bei Zuwiderhandlung bestrafen, ein nachhaltiges und liberales System hofft darauf, dass eine Notwendigkeit zum Wandel des Verhaltens von den Individuen selbst erkannt wird, und bietet das Spiel zum Ausprobieren der „Wirklichkeit des Möglichen“192, zum Perspektivwechsel auf alternative Realitäten und zum Ausgangspunkt der (erneuten) Teilhabe an der Gesellschaft an.

Soweit würde man dem Applied Theatre attestieren, dass sein Leitbild ein humanistisches, soziales, pazifistisches und freiheitliches ist. Dennoch muss sich dieses Feld des Theaters im Diskurs stets auch mit ethischen Fragen auseinandersetzen, die in diversen Bruchmomenten dieser utopischen Entwürfe aufscheinen.

Nachhaltigkeit

Die Wirkungsversprechen des Applied Theatre sind in ihren Selbstbeschreibungen facettenreich und verheißungsvoll. Zudem erscheinen mögliche Mangelfolgeschäden, anders als bei Medikation, militärischer Intervention oder kostenintensiver sozialpolitischer Reform, ganz im Sinne des Spiels mit wenig Konsequenz behaftet – was mag es schon schaden, in einem theatralen Versuchslabor Subjektivitäten ausprobieren zu lassen, selbst wenn man scheitern sollte?

Allein ein Diskurs im Feld verweist auf einen Mangel an Messbarkeit und Nachweis der Nachhaltigkeit dieser Projekte.193 Ihre Wirkungsbeschreibungen konstatieren Applied-Theatre-Praktiker gerne am beinahe magisch aufgeladenen Konzept der Katharsis nicht zuletzt selbst, was bei kreativen und liberalen Theaterprojekten weniger Kopfzerbrechen evozieren mag als bei Selbsterklärungen der Zigarettenindustrie über die positiven Eigenschaften des Rauchens. Selbstredend gibt es im Feld und gerade unter den idealistischen, nicht-marktkonform ausgerichteten Projekten Facilitators, die versuchen, an sich selbst höchste Ansprüche und Standards der verantwortlichen Evaluation zu legen. Ein Beispiel sind die Reflexionen James Thompsons über seine eigenen Projekte, die damit einhergehende Verantwortung für die Menschen, mit denen er arbeitet, und gerade auch die schmerzhafte Analyse des Scheiterns mit ernsthaften Konsequenzen bis hin zum gewaltsamen Tod als Begleitphänomen solcher Projekte.194

Auch Unternehmenstheateranbieter reflektieren ethische Standards und hinterfragen ihre Methoden – in zahlreichen, in dieser Studie durchgeführten Interviews wurde klar, dass sich die Anbieter Grenzen bei der Annahme von Aufträgen und der Aushandlung von deren Zielen mit der Unternehmensleitung setzen. Benennt dabei der eine spezifische, unethische Branchen – die Rüstungsindustrie, für die er niemals arbeiten würde195 –, beschreiben andere spezifische Konstellationen, für die sie ihre Methoden nicht zur Verfügung stellen würden, in denen das Theater nur noch zum Propagandainstrument der Manipulation degradiert werden würde – etwa ein Theaterabend, der die Vorteile der Verschlankung des Mitarbeiterstabs ohne Aushandlung von Perspektiven preisen würde. Da alle Anbieter aber ihre Methode zugleich bewerben und verkaufen müssen, ist selbstredend allen die mit Vorsicht zu genießende Betonung gemein, wie gut das Theater den Menschen tue und wie dankbar Mitarbeiterinnen nach den Workshops seien. Katharsis und die Kreativität des Spiels werden hier zu mythischen Kraftquellen der ökonomischen Innovation.

Die Betrachtung derjenigen Formen des Unternehmenstheaters als Applied Theatre, die sich als Personalentwicklungs- und Schulungs-Workshops, Potentialanalyseverfahren oder interne Assessment-Center-Prozesse darstellen, können weiterhin durchaus auch neue Perspektiven auf die Debatte um impact und Nachhaltigkeit aufzeigen. Diese Theaterformen werden grundsätzlich durch Methoden begleitet, mit denen diese beiden Effekte messbar werden: Von der Assessment-Kommission vergebene Noten für abgeprüfte Kompetenzen können mit im Ruhezustand am Fragebogen erhobenen Selbsteinschätzungen der Mitarbeiterin verglichen und dann in computergestützte Grafiken übersetzt werden. Wird das Potentialanalyseverfahren in einem regelmäßigen Turnus durchgeführt, kann diese Statistik in Entwicklungsgraphen übersetzt werden, die Aussagen darüber treffen, ob eine Mitarbeiterin sich für die Firma positiv entwickelt oder den Zenit ihrer Kompetenzen überschritten hat. Auch kann an der Effizienz einer ganzen Abteilung vor und nach Implementierung solcher Verfahren anhand konkreter Steigerung von Performanz abgemessen werden, ob die Implementierung der Methode erfolgreich war. Die folgenreiche MPS-Studie bei AT&T führte auch deshalb zur Verbreitung der Assessment-Methode, da impact und Nachhaltigkeit in reellen Zahlen und Daten nachweisbar war.196

Ironischerweise ist es also gerade das im Applied-Theatre-Diskurs beinahe ignorierte Assessment Center, von dem etwa das sogenannte theatre for development lernen könnte, wie es mit den Problemen des Nachweises von impact und Nachhaltigkeit197 umgehen könnte. Mehr noch, an seinem Beispiel wird deutlich, dass man wie in William Wymark Jacobs Schauererzählung Die Affenpfote vorsichtig sein sollte, was man sich wünscht. Keine andere Ausformung von Applied Theatre ist minutiöser im Festhalten jeder performativen Handlung, macht jedes Zucken des Mundwinkels, jedes Stocken, jeden Versprecher und jeden hektischen Fleck zum Gegenstand der Beobachtung indexikalischer, theatraler Zeichen, die Rückschluss auf das Innere des Schauspielers zulassen, wertet akribisch anhand von Statistik vorab ausgefüllte Fragebögen aus, um Ruhezustand mit Aktionszustand im Spiel zu vergleichen, führt vorbereitende und nachbereitende Gespräche, um den Spielenden im Digitalen als Daten und Fakten, als Grafik und Graphen mit einer Entwicklungstendenz der Persönlichkeit in Zahlen und Pfeilen darzustellen.198 Das Assessment Center zeigt also, dass Performanz, impact und Nachhaltigkeit eines Theaters zur Konfliktlösung in der Theorie sehr wohl und sogar sehr akribisch mit relativ verlässlichen Messmethoden ausgestattet werden könnte, allein, man verließe den Bereich der liberalen, humanistischen Denkweise hin zur übergriffigen Totalüberwachung. Nachweis von Nachhaltigkeit und impact ist somit nicht rein eine Frage der mangelnden Methode, sondern auch ein ethischer Spagat zwischen Vertrauen und Kontrolle und offenbart die Janusköpfigkeit der impact-Debatte: Auf der einen Seite will man verlässliche Daten über die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit einer intersozialen Methode, auf der anderen Seite möchte man so wenig invasiv wie möglich mit einem invasiven Instrument auftreten und zudem im Idealfall noch messen können, ob es dem Geldgeber denn invasiv genug sei, um damit fortfahren zu können.

Gefährliche Kontingenz

Der Aufführung wohnt eine Kontingenz inne, die als nicht steuerbar gilt.199 Wird die Aufführung zwar durch die rahmende Inszenierung und die Dramaturgie in bestimmte Bahnen gelenkt, so treten doch immer Emergenzen auf, die unvorhersehbare und unplanbare Auswirkungen auf den Ausgang des Theaterereignisses haben.200 Der Aspekt des Spiels (im Sinne des game oder ludus, nicht des freien paida oder play)201, dem das zweite Kapitel dieser Studie gewidmet sein wird, scheint gerade in erweiterten Personalauswahlverfahren, jedoch auch in anderen partizipatorischen Formen von Applied-Theatre-Projekten zu versuchen, diese Kontingenz bis zu einem gewissen Grad an die Kette zu legen und die unvorhersehbaren Ausgänge zu einem Spektrum vorhersehbarer Spielresultate umzudeuten: Der Würfel ist kontingent, aber eins bis sechs wird schon fallen, wenn man ihn wirft. Denn im theatralen Simulieren der Arbeit der Aufführungen der Development- und Assessment-Center-Prozesse wäre eine ungedrosselte Kontingenz weder zielführend noch erwünscht. Die theatralen Spiele im Unternehmenskontext sind systemstabilisierend angelegt und sollen lediglich zu absehbaren Ergebnissen in einem an Schulnoten erinnernden Spektrum von guter Performance bis hin zu unbefriedigender Leistungführen. Nicht zuletzt geht dies auch mit den Wirkungsversprechen und der Antragslyrik des Applied Theatre für den Geldgeber einher, der keinesfalls unbegrenzt offene Ergebnisse finanzieren würde:

Der angestrebte Richtungswechsel, also die Veränderung, findet zwar im Modus der Kontingenz eines Aufführungsprozesses statt, sie ist aber in eine Dramaturgie eingebunden, die ihre Richtung vorzugeben sucht.202

Die konkreten Menschen, auf die sich das Applied Theatre im Allgemeinen ausrichtet, sind nicht zuletzt auch Traumatisierte, Patientinnen, Straftäter und Personen in starken Abhängigkeitsverhältnissen. So kann es durchaus passieren, dass erst während des Prozesses festgestellt wird, dass die spezifische Theaterform unerwünschte, ja destruktive Nebeneffekte mit sich bringt. So sehr auch die positiven Effekte des Applied Theatre in unterschiedlichen Kontexten hervorgehoben werden, wird innerhalb des Diskurses unter den Praktikerinnen selbst auch über die sensiblen Kontexte reflektiert, in die man von außen eindringt und in die durchaus experimentell interveniert wird. James Thompson etwa beschreibt, wie eine Applied-Theatre-Intervention im Kontext der Resozialisierung von Kindersoldaten im Krisengebiet Sri Lankas gravierende, ja tödliche Konsequenzen eines Massakers an den Beteiligten nach sich zog.203Janina Möbius, Expertin für Applied-Theatre-Formen in Gefängnissen, schildert den Prozess einer Inszenierung von Passionsspielen in einem Jugendgefängnis in Mexiko, bei der die symbolische Gewalt in reale umschlug.204

Bei der Arbeit mit Gefangenen, traumatisierten Patienten oder politischen Straftätern geht das Applied Theatre in Kontexte und arbeitet mit Menschen, bei denen das Versuchslabor, das Therapieren nach dem trial-and-error-Prinzip des freien Spiels beizeiten ethisch fragwürdige Nebenwirkungen hat. Denn sind die Standards für eine psychologische oder psychiatrische Ausbildung und Qualifikation zur Behandlung hoch, so kommen dem Spiel an dieser Stelle seine harmlosen Konnotationen zugute.205 James Thompsons Umgang mit der eigenen Arbeit ist hier als der ‚Goldstandard‘ zu bezeichnen, den man im weiten Feld der Anbieter längst nicht überall vorfindet. Judith Ackroyds Mahnungen über einen massiven blinden Fleck im ethischen Diskurs des Applied Theatre, wenn es um Phänomene, Anwendungen und Effekte jenseits affirmativer politischer Zuschreibungen geht,206 legt Zeugnis über diesen Sachverhalt ab. Hier wird ein ganzer marktkonformistischer Zweig der eigenen Profession, das Unternehmenstheater, im Diskurs fast wie verschämt unter den Teppich gekehrt. Es verbleibt die Herausforderung, dass die ethischen Standards des Unternehmenstheaters wie aller anderen Applied-Theatre-Formen zumeist selbst gesetzt werden, obgleich das Instrument, das hier geführt wird, sich bisweilen als scharfes Messer erweist.

Therapie ohne Einwilligung

Beschreibt der vorangehende Punkt die Konstellation einer improvisierten Therapie durchaus behandlungsbedürftiger Zielgruppen durch therapeutische Laien, so wird auch die umgekehrte Konstellation durch Applied Theatre ermöglicht. Findet man also z. B. im sogenannten theatre for development oder im Gefängnistheater Beispiele dafür, wie Experten auf dem Gebiet des Theaters, die zugleich Laien auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychologie sind, mit schwer traumatisierten Zielgruppen arbeiten – mit ehemaligen Kindersoldaten, jugendlichen Straftätern oder Geflüchteten –, kommen Applied-Theatre-Projekte in anderen Bereichen einer professionellen Therapie ohne Einwilligung gleich. Im Kontext von Unternehmenstheater etwa werden in Fortbildungsseminaren und Development Centern mit theatralem Charakter von ausgebildeten Psychologen Interventionen nach dem Vorbild des Psychodramas Morenos arrangiert, die auch in den Bereich des Privaten eindringen207 und denen sich die Mitarbeiterinnen zugleich nicht entziehen können, da solche Seminare im Unternehmenskontext verpflichtend sind.208 Hier kommen die Applied-Theatre-Interventionen mit der Leichtigkeit eines Improvisationstheater-Workshops daher und haben doch Anteile einer zwangsverpflichtenden Therapiesitzung. Zwar werden seit Verbreitung der Assessment-Center-Methode in der Privatwirtschaft von Seiten der Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie wie von den Wirtschaftswissenschaften etwa durch Institutionen wie den Arbeitskreis Assessment Center qualitative wie ethische Standards der Methode reflektiert und veröffentlicht,209 doch selbstverständlich sind diese ethischen Richtlinien weitestgehend bloße Empfehlungen für eine korrekte Implementierung der Methode, bei denen es wiederum konsequenzlos bleibt, wenn gegen sie verstoßen wird.

Sendungsbewusstsein und ignorieren lokaler Kontexte im neoliberalen Gestus

Wie voranstehend ausgeführt, ist Applied-Theatre-Projekten gemein, dass von außerhalb einer Gemeinschaft ein Problem identifiziert wird, das mit theatralen Mitteln bearbeitet werden soll. Ist dies generell gesprochen natürlich ein positiver und sich zuwendender Gestus, dem wenig aggressives oder eigennütziges Potential inhärent zu sein scheint, so muss doch die Konstellation mitbedacht werden, dass es sich bei diesen Praktiken letztendlich um Normalisierungsprozesse handelt,210 bei denen von außerhalb festgelegt wurde, was die Norm ist. Im Idealfall reflektiert die Praxis diese Konstellation und versucht behutsam, die gegebenen Umstände zu respektieren.211 In anderen Fällen kann es aber auch zum Ignorieren lokaler Kontexte, zum paternalistischen Aufoktroyieren der ‚richtigen Perspektive‘212 oder auch zur Appropriation lokaler Traditionen für eigene Zwecke kommen.

Applied Theatre ist eben auch ein politisches Instrument und als solches mit einem Sendungsbewusstsein ausgestattet, in dem Initiatoren und Geldgeber nicht zuletzt davon ausgehen müssen, dass ihre Sicht auf Gesellschaft, ihre politischen Ansichten und ihre Botschaft, letztendlich also ein politisches Verständnis von Demokratie und Gesellschaft des ‚Westens‘ die richtige ist, egal ob diese Perspektive auf die eigene Gesellschaft oder auf andere Kulturen und Länder angewandt wird.213 Inhärent wäre dieser Sicht also, genau zu wissen, was gut für andere ist, egal, wer der andere ist, und dabei zu verdrängen, dass die eigene Sicht eventuell auch nicht frei von Paradoxien und ethischen Ambivalenzen ist. Eine solche Problematik ist leicht auszuklammern, wenn es um ein Projekt zur HIV-Prävention geht, schwerer erscheint ein neutrales Urteil, wenn sich Theater in Spannungsfeldern eines ethischen Relativismus situiert, wenn es zwischen sozialen Schichtungen verhandeln muss oder zur Konfliktbearbeitung in Krisengebieten eingesetzt wird.214

Der Geldfluss

Wie vorangehend erläutert, tragen sich die Kosten von Applied-Theatre-Projekten weder selbst durch den Verkauf von Eintrittskarten noch unterliegen sie einer inhaltlich-politisch interesselosen Förderung. Die Finanzierung ist ein nicht zu vernachlässigendes, machtvolles Element in dem komplexen Gefüge, aus dem ein Applied-Theatre-Projekt besteht. Der Geldfluss ist es, der über das vorangehend erwähnte ‚für, zur, in, mit‘ bestimmt, der also letztendlich bei der Intention des Projekts nicht unerhebliches Stimmgewicht darüber generiert, wo ein Problem liegt, das es mit theatralen Mitteln zu bearbeiten gilt. Je nachdem, wie sich die Geldgeberin gegenüber dem Projekt in dieser Machtkonstellation verhält, kann sie, da von ihr die Verwirklichung des Projekts abhängig ist, Ziele formulieren und auch kreativ intervenieren. Ein solcher Fall mit ambivalenten Konsequenzen wurde etwa im Rahmen eines wissenschaftlichen Workshops des Forschungsprojekts The Aesthetics of Applied Theatre in Berlin von einem Applied-Theatre-Projekt im Nahen Osten mit politischen Aktivistinnen vor dem Hintergrund des Arabischen Frühlings geschildert. Die Teilnehmerinnen an diesem Projekt hatten z. T. selbst massive Gewalt erlebt und konnten in ihren Heimatländern als politisch verfolgt gelten. Teil des ästhetischen Ansatzes war auch die Versprachlichung und Darstellung der eigenen traumatischen Erlebnisse. Hatte dabei das Projekt zunächst einen nicht-öffentlichen Workshop-Charakter, mussten durch eine Intervention und Druck des Geldgebers die erarbeiteten Szenen zum Ende des Projekts, anders als geplant und kommuniziert, zu einer Aufführung gelangen, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.215

Im Unternehmenstheater fließt das Geld, das die Intention leitet, dabei selbstredend immer von Seiten der Firmenleitung. Die ästhetischen wie intentionellen Rahmungen eines Applied-Theatre-Projekts werden somit Aushandlungsprozessen zwischen Geldgeberinnen und Praktikerinnen unterworfen und können in einigen Fällen zu ethischen Ambivalenzen führen.

Potemkinsche Dörfer

Viele der hier angeführten Punkte beinhalten Aspekte, in denen Applied Theatre Gefahr läuft, manipulativen Charakter gegenüber seinen Zielgruppen anzunehmen, übergriffig zu werden und so gravierende, unkontrollierbare Bruchmomente zu generieren. Im Hinblick auf eine nächsthöhere Ebene, jene der Sozialpolitik, können aber auch Ambivalenzen zwischen der positiven Außenwirkung und der mangelnden Nachhaltigkeit entstehen, indem der Staat seine sozialpolitische Verantwortung an die Kunst delegiert.

So können Applied-Theatre-Projekte auch im größeren Rahmen instrumentalisiert werden, um von Seiten der Politik Einsparungen und den Abbau in Bereichen der Sozialpolitik zu kaschieren. Denn ist generell die staatliche Förderung von diversen Applied-Theatre-Projekten mit viel Außenwirkung und Prestige verbunden, irritiert doch das Moment, wenn eine solche Förderung mit dem gleichzeitigen Abbau bereits bestehender, weniger pressewirksamer Maßnahmen einhergeht.216 Konkret gesprochen: Der neoliberale Staat zieht sich aus seiner sozialen Verantwortung zurück und generiert so einen Mangel. Konflikte in Problemvierteln einer Großstadt nehmen zu. Mit einem Bruchteil der staatlichen Gelder, die für ein funktionierendes Jugendamt, für ausgebildete amtliche Sozialarbeiterinnen oder für sozialen Wohnungsbau ausgegeben wurden, wird dann als pressewirksames Surrogat ein Applied-Theatre-Projekt zur Gewaltprävention unter Jugendlichen aus diesem Viertel initiiert. Hier delegiert dann der Staat seine Verantwortung lediglich an die Kunst und kauft sozusagen ein wenig Wandfarbe für ein einsturzgefährdetes Haus.217

Auf den ersten Blick scheint dieser ethische Fallstrick des Einsatzes von Applied Theatre das Unternehmenstheater nicht zu berühren, da es sowieso nicht im Bereich der sozialpolitischen Sphäre zum Einsatz kommt. Als eher anekdotischer Einzelfall mit spekulativer Dunkelziffer ergab sich allerdings aus einem Interview mit einem ehemaligen Vorstand der Filiale einer großen deutschen Versicherung, dass hier der Aspekt des potemkinschen Dorfs durchaus auch zum Tragen kommen kann: Der Filialleiter schilderte Fälle aus internen Assessment-Center-Verfahren der Versicherungs-AG als übliches Prozedere, in denen im Rollenspiel vorab präferierten Bewerbern der Weg durch das Bewerbungsverfahren geebnet wurde. Hier wurden wohlgemerkt keine externen Dienstleister mit der Durchführung des Assessment Centers beauftragt: Als Spielpartner im Rollenspiel wurden Mitarbeiter als Laienschauspieler eingesetzt. Der Filialleiter berichtete von einem exemplarisch für dieses System stehenden Fall, in dem vor dem entscheidenden Rollenspielmodul der jeweilige Vorgesetzte, der das Assessment Center leitete, den Spielpartner des erwünschten Bewerbers beiseite nahm und mit eindringlichem Subtext in der Intonation aufforderte: „Mach es ihm mal nicht so schwer. Wir wissen doch beide, dass er es ist …!“ Aufgefordert wurde zur Nuancierung des Schwierigkeitsgrads des Spiels, in das der Spielpartner in seiner Rolle des unbequemen Kunden beim gewünschten Kandidaten eben nicht so viele Hürden einbauen sollte. Mit dieser Manipulation wurde die persönliche Präferenz des verantwortlichen Personalmanagers, der Filz, wie man im Deutschen sagt, gegenüber anderen Entscheidungsträgern scheinobjektiviert. Eigentlich soll das Assessment-Center-Verfahren natürlich nicht zuletzt gleiche Voraussetzungen unter allen Bewerberinnen schaffen, um Daten zu erheben, die die subjektive Bauchentscheidung des Vorstands beim klassischen Bewerbungsgespräch durch objektive Kriterien zur Einstellung einer Bewerberin ersetzt. Somit sind die Ergebnisse solcher Verfahren auch als Argument im Falle von gerichtlichen Klagen der Mitbewerberinnen bezüglich der Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes relevant. An diesem Beispiel wird jedoch deutlich, wie sich das gesamte Verfahren ganz im Gegenteil durch hierarchische Manipulation zur Farce wandeln kann, die rein aufgrund der objektiven und innovativen Außenwirkung veranstaltet wird. Bei aller Kritik an der Ethik und Politik des Unternehmenstheaters muss an dieser Stelle allerdings auch betont werden, dass gerade das Engagieren eines externen, spezialisierten Theateranbieters für diese Verfahren solch einer abteilungsinternen Günstlingswirtschaft entschieden vorbeugen mag.

Entkernung der Form

Ein Hammer ist ein Werkzeug ohne eigenes Interesse, es braucht eine Hand mit Intention, die ihn führt. Man kann mit ihm einen Nagel in die Wand schlagen, um ein Bild aufzuhängen, oder in einem Akt von Vandalismus eine Skulptur zertrümmern. Ästhetische Dispositive, wie die Aufführungen des Applied Theatre, sind komplexere Geflechte als bloße Werkzeuge, doch auch ihnen ist die Intention, eine Art Hand, die sie führt, um zu einer Aussage oder einem Effekt zu gelangen, nicht fremd. Auf diese politischen Aspekte des ästhetischen Dispositivs soll im dritten Kapitel dieser Studie ausführlich eingegangen werden. Jenseits dieser Intention werden bestimmten medialen und ästhetischen Dispositiven mitunter von einem populären, aber auch akademischen Diskurs essentialistisch positive oder negative Wirkungsästhetiken zugeschrieben. Aus dem Alltag bekannt erscheint in diesem Zusammenhang wohl das Postulat, Fernsehen mache dumm, ein Buch jedoch bilde Geist und Charakter. Diese pädagogische Binsenweisheit ergibt sich vor allem aus Zuschreibungen gegenüber der dispositiven Anordnung, die dem Fernsehen passives und unreflektiertes Konsumieren, dem Lesen Aktivität und intellektuelle Reflexion zuspricht. Für die Herzensbildung würde einem Jugendlichen dennoch nahegelegt werden, lieber eine arte-Dokumentation über die Shoah zu schauen als in einer unkommentierten Version von Mein Kampf zu schmökern. Natürlich kann neben den politischen Intentionen des Produzenten auch der geistige Boden der Rezipientin, auf den diese Frucht fällt, in dieser Konstellation nicht außer Acht gelassen werden. Dem ästhetischen Arrangement scheint also in diesem Beispiel nicht allein die politische Botschaft inhärent zu sein, auch wenn selbstredend nicht in Frage gestellt werden soll, dass spezifische mediale Dispositive ebenso spezifische Rezeptionshaltungen forcieren. Auch der akademische Diskurs über ästhetische Konstellationen und Rezeptionshaltungen ist – so bemerkt es Jacques Rancière in Der emanzipierte Zuschauer – nicht frei von „theoretischen und politischen Vorannahmen“218, denn ähnliche Essentialismen umgeben das Theater und die Zuschauerinnenposition in verschiedenen seiner ästhetischen Ausformungen. Die illusionistische Guckkastenbühne, das versteckte Orchester der Wagner-Oper, die auf ihrem Platz stillgestellte Zuschauerin des bürgerlichen Trauerspiels, Stadttheaters, Musicals oder Boulevardtheaters usw. müssen in dieser Gedankenfigur für inaktive, passiv konsumierende oder im Schein der Überwältigungsästhetik gefangene Zuschauer einstehen:

Die zahlreichen Kritiken, die das Theater im Laufe seiner Geschichte hervorgerufen hat, können nämlich auf eine wesentliche Formel reduziert werden. Ich werde sie das Paradox des Zuschauers nennen, ein Paradox, das vielleicht grundlegender ist als das berühmte Paradox des Schauspielers. Dieses Paradox lässt sich einfach formulieren: Es gibt kein Theater ohne Zuschauer (sei es auch ein einziger und versteckter Zuschauer, wie in der fiktiven Darstellung des Natürlichen Sohns, die die Gespräche Diderots hervorruft). Die Ankläger sagen nun, dass es schlecht ist, Zuschauer zu sein, und das aus zwei Gründen. Erstens ist zusehen das Gegenteil von erkennen. Der Zuschauer steht einer Erscheinung gegenüber, von der er weder den Herstellungsvorgang noch die Wirklichkeit, die von der Erscheinung verdeckt wird, kennt. Zweitens bleibt der Zuschauer unbeweglich und passiv auf seinem Platz. Zuschauer sein bedeutet, zugleich von der Fähigkeit zur Erkenntnis und von der Handlung getrennt zu sein.219

Im Folgenden umschreibt Rancière den Diskurs um Theaterfeindlichkeit und die ästhetischen Reformen des Theaters als einen Kampf um eben diese passive Zuschauerposition.220 Sprechen sich dabei etwa Platon oder die Theaterkritiker der Kirche gegen das Theater als Ort der Phantasmen oder als Spielplatz des Teufels aus, so tragen die Reformatoren der Aufklärung des bürgerlichen Trauerspiels die scheinbar intellektuelle Anregung dieses problematischen Zuschauers durch das Wort ins Theater: Durch die Literarisierung ist es primär ein literarischer Text und nicht länger die verkörperte Darstellung, die auf die Zuschauerin einwirken und damit ihre passive, den Illusionen nachhängende Position aufbrechen und das Publikum erziehen soll.

Die Debatte erneuert sich politisch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an den politischen und ästhetischen Programmen der klassischen Avantgarde. Erneut gilt die Zuschauerin, nun auch die des konservativen Literaturtheaters, als ein passives, konsumierendes, politisch stillgestelltes Subjekt, während die Avantgarden das Aufbrechen des illusionierenden Dispositivs durch eine antiillusionistische Ästhetik (hier ist vor allem Brecht zu nennen) oder durch die Aktivierung des Zuschauers fordern.221 Diese Vorannahmen und politischen Zuschreibungen bilden letztendlich das Fundament für den affirmativen Diskurs der Wirkmacht des Applied Theatre, da die Mehrheit der verschiedenen ästhetischen Formen dem partizipatorischen Prinzip des aktivierten und daher scheinbar mit politischer agency ausgestatteten Zuschauers folgen.222

Dass allerdings, wie Rancière anmahnt, die aktive und im Spiel involvierte Zuschauerin als Mitspielerin so sehr immersiv eingebunden sein kann, dass die Gedanken über das Konstrukt der Hinterbühne, die die Illusion möglich macht, weiter in den Hintergrund rücken kann als im Illusionstheater der Guckkastenbühne, wird dabei ebenso wenig in Betracht gezogen wie die Möglichkeit, dass dem auf seinem Platz stillgestellten Zuschauer gerade durch eine vom Geschehen distanzierte Position eine Reflexion über das Wahrgenommene ermöglicht werden kann.

Im konkreten Beispiel der Analyse unterstreicht dies etwa die explizit auf Rancière verweisende Arbeit Jen Harvies zu den partizipatorischen Formen der aktuellen Kunst- und Performance-Installationen, zu denen man ohne Weiteres auch das immersive Theater zählen kann.223 Die Kritik an der Illusion der Guckkastenbühne und der stillgestellten Zuschauerin scheint bisweilen zu ignorieren, dass es sich bei der Haltung der Zuschauerin nicht zuletzt um eine willing suspension of disbelief, mit der Betonung eben auf willing, handelt, die das Publikum in dieser Spielart des Theaterdispositivs eingeht – eine Konstellation, von der man beim unfreiwilligen Zuschauer einer Boal’schen Intervention durch Unsichtbares Theater gar nicht mehr sprechen kann und die in einem progressiven politischen Umfeld doch letztendlich die totale Illusionierung bedeutet: das Unvermögen der Zuschauerin länger noch dazwischen unterscheiden zu können, ob die gerade gesehene Szene sich so ergeben hat oder von langer Hand geplant und mit politischer Intention inszeniert war.

So werden die ästhetischen Formen von Boal, Brecht, Johnstone oder Moreno von sozialromantischen Zuschreibungen umwittert, die zu einer spezifischen Theaterform immer bereits eine progressive, soziale Intention der politischen oder therapeutischen Inhalte mit hinzudenken. Auch die ästhetischen Techniken von Boal sind aber ohne Boals politische Haltung als Person – dies ist der verdrängte Kern der affirmativen Applied-Theatre-Debatte, die Judith Ackroyd zu recht so massiv kritisiert224 – ethisch leer und können mit jedweder Intention gefüllt werden und so das Theater der Unterdrückten zum ‚Theater zur Unterdrückung‘ transformieren.225

Die Relevanz der politischen Position der Handlungsmacht für diese Formen wirkt zurück auf die Methodik der Einzelanalyse, die Fragen nach Ästhetik mit Fragen nach Rahmen und Positionierung des jeweiligen Projekts verflechten muss. Applied-Theatre-Formen sind machtvolle Werkzeuge, die bereitliegen, sich – plakativ gesprochen – einspannen zu lassen zum Guten oder zum Bösen, zur Gesellschaftskritik oder zur Wiedereingliederung in dieselbe, zum Widerstand oder zum Marktkonformismus.226

Neben dem neoliberalen Marktkonformismus des Theaters in Unternehmen finden sich auch andere Bereiche, in denen theatrale Schulungen im Geiste des Applied Theatre, die niemals in diesem Kontext verortet werden würden, einfach, weil man es nicht wahrhaben wollen würde, mit einer ethisch ambivalenten bis absolut fragwürdigen Intention aufgeladen werden können: Seminare von Pick-up-Artists,227 die den Missbrauch von Frauen theatral einüben, sogenannte christlich-fundamentalistische ‚Hell-houses‘228, das Mystery-Shopping oder militärische Übungssimulationen mit theatraler Sensibilisierung für den regionalspezifischen Kontext einer Konfliktzone229. Keines dieser Beispiele würde den Kernformen des Applied Theatre zugerechnet werden, dennoch weisen sie eine Verwandtschaft zu dem Feld auf und verweisen im Vergleich auf die entscheidende Position, die in dem Machtgeflecht einer theatralen Intervention der Intention der Initiatorin wie der Geldgeberin zukommt.

So kann Boal im Unternehmenskontext eingesetzt werden, um sublime Unterdrückungsstrukturen in Abteilungen aufzudecken, dieselben Techniken können aber auch dazu verwendet werden, an den Effizienzschrauben des Mitarbeiterstabes zu drehen, um die Performanz einer Abteilung zu erhöhen.230 Es liegt auf der Hand, dass für das letztere Wirkungsversprechen zahlreicher Anbieter von Unternehmenstheater mehr finanzielle Mittel von Auftraggebern fließen, da diese letztendlich ausschließlich aus den Führungsetagen kommen und an der Effizienz von Unternehmensstrukturen mehr Interesse haben als an ihrer basisdemokratischen Reform. Natürlich gibt es Ausnahmen, doch selbst dort, wo firmeninterne Systeme offen durch Kunst kritisch befragt werden sollen, kann im Kern nur ein Effizienzgedanke die Interessen leiten, obgleich er dann wohlgemerkt zum Wohle aller Beteiligten zum Einsatz kommen kann.

Die gewählte ästhetische Form eines jeweiligen Applied-Theatre-Projekts ist nicht zuletzt ein neutrales Instrument zur politischen Formung von Subjekten, das, wenn man das Feld überblickt, zumeist mit sozialem Engagement und zum Wohl einer Gemeinschaft eingesetzt wird. Dennoch ist die ästhetische Form an sich kein Garant für die politisch liberale, soziale Verwendung. Ananda Breed, Theoretikerin und Praktikerin auf dem Feld des Applied Theatre, etwa mahnt solche möglichen Manipulationen auch im nicht marktkonformen Einsatz eines Theaterprojekts zur Friedensarbeit in Kirgisien an, bei dem traditionelle regionale Erzählungen (manas) adaptiert werden:

Although I initially trace the historic trajectory of how cultural forms including manas and trickster tales have been used to negotiate the ambiguities between differing moral, political and social agendas, the same processes that can be used towards unification can be used for exclusion. For example, the manas epic that contain historic and legendary accounts of the unification between ethnic groups has also been increasingly re-imagined as a Kyrgyz cultural form to fuel nationalism in Kyrgyzstan, diminishing the role that the manas once played to promote cohesion between ethnic groups. In this way, cultural forms can be co-opted and potentially re-framed for practices that can lead to conflict. Additionally, although the manas were once used to instil moral and social values, varied codes and signifiers are no longer unilaterally relevant and the art of reciting manas has waned. In this way, although I have framed the YTP project in relation to environmental aesthetics and aesthetic experiences that are informed by the adaptation of cultural forms in Central Asia, these same forms and systems can be manipulated for alternative purposes.231

So sind die verschiedenen Formen des Applied Theatre – hier wird dem dritten Kapitel dieser Studie vorgegriffen – in ihren konkreten Aufführungen ästhetische Mikrodispositive in Immanenz zu Dispositiven höherer Ordnung, die sie erwählen. Ihnen wohnt auch ein manipulatives Potential inne, das sich, anders als der dominante Diskurs es möchte, nicht zwangsläufig aufgrund des ästhetischen Arrangements einer aktivierten Zuschauerin verflüchtigt oder zum ‚Guten wendet‘.

Manipulation und Unfreiwilligkeit

Ebenso wie die Worte Manipulation oder Instrumentalisierung in Bezug auf die theatralen Formen des Applied Theatre wie etwa das Theater der Unterdrückten Boals fallen können, wenn es um seine politische Intention entkernt und mit neuen politischen Zielsetzungen gefüllt wird, muss bei der Betrachtung der Machtasymmetrien des Spiels auch berücksichtigt werden, dass diese Formen selbst sich zur Manipulation seiner beteiligten Mitspieler eignet. Es ist dem Phänomen Spiel inhärent, dass es das Potential birgt, in einer Art paradoxen Klammer um eine Handlung scheinbar dichotome Kategorien wie Ernst und Unernst, Fiktion und Realität, Konsequenzhaftigkeit und Konsequenzminderung kollabieren zu lassen und den klassischen Theatervertrag zu verunklaren.232 Spiel kann mit einer Konnotation von Leichtigkeit und Unernst daherkommen, dennoch wird es gerade im Applied Theatre eingesetzt, um soziale Realitäten zu verändern. Daher muss in diesen Kontexten stetig die Möglichkeit der Manipulation mitreflektiert werden.

Gerade die marktkonformen Varianten des Unternehmenstheaters begehen eine Gratwanderung dazwischen, Menschen tatsächlich mit Workshops gegen Belästigung oder Mobbing zu helfen, Angebote kreativer Selbstoptimierung und bedarfsorientierter Abendunterhaltung für diejenigen zu liefern, die es wünschen, oder aber auch als Sprachrohr des Managements unangenehme Botschaften filtriert durch einen unterhaltsamen Theaterabend zu vermitteln und gar theatrale privatwirtschaftliche Disziplinardispositive zur Qualitätssicherung der ‚Human Resources‘ und zur Selektion zu installieren und zu betreiben.233

Im letzten Fall amalgamiert sich das eigentlich durch Freiwilligkeit definierte Spiel mit der Anordnung und dem subtilen Druck des Kreativ- und Selbstoptimierungszwangs, bei dem diejenige, die sich dem Spiel verweigert, mit ernsten Konsequenzen zu rechnen hat.234

Möglichkeiten und Grenzen der Analyse

Vorangehend wurde dargelegt, dass diverse Module aktueller Personalauswahl- und Potentialanalyseverfahren einen theatralen Charakter haben. Dieses Theater der Selektion wurde taxonomisch zunächst sehr allgemein mit dem Ritual verglichen, um dann anhand von arbeits-, betriebs- und organisationspsychologischer Fachliteratur zum Assessment Center und den Studien zweier Theaterwissenschaftlerinnen, Katja Rothe und Michael Hüttler, nachzuzeichnen, wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts recht unterschiedliche theatrale Praktiken – die Entwicklung des Psychodramas und die heerespsychologischen Auswahlverfahren in der deutschen Reichswehr – zahlreiche Modulationen durchlaufen und auf unwahrscheinlichsten Umwegen etwa in der Mitte der 1950er Jahre in der US-amerikanischen Privatwirtschaft zusammentreffen. Anschließend wurde aufgezeigt, dass diese, bisher vom Diskurs kaum beachteten Theaterformen dem Unternehmenstheater zugerechnet werden können, mit dem, so wurde weiterhin dargelegt, wiederum im Diskurs um Applied Theatre weitestgehend aus ideologischen Gründen distanziert bis verdrängend umgegangen wurde. Durch die belegte Etablierung der Theaterarbeit Morenos in privatwirtschaftlichen Unternehmen in den USA Mitte der 1950er Jahre kann aus Sicht dieser Studie dem ganz entschieden entgegengehalten werden, dass das Unternehmenstheater nicht lediglich eine spät aufgetretene, neoliberal korrumpierte Variante ‚klassischen‘ Applied Theatre wäre. Es hat vielmehr legitimen Anteil an der Geschichte der Form und, wäre nicht die ‚Geburtsstunde‘ des Applied Theatre selbst ein so strittiger und wenig klar zu umreißender Gegenstand, könnte man wohl behaupten, dass es einige der definierenden Kernformen und Anwendungen seines Korpus vordatiert. Wie eingangs erwähnt, sieht diese Studie in der Verortung des Theaters der Selektion der theatralen Personalauswahl- und Potentialanalyseverfahren im Korpus des Applied Theatre, auf dessen ethische Ambivalenzen sich insbesondere der vorangehende Abschnitt ausführlich fokussiert hat, eine Chance für die Applied-Theatre-Debatte, dem von Judith Ackroyd beobachteten affirmativen Diskurs um die Wirkmächtigkeit des Theaters seine verdrängten Anteile zu präsentieren. Von der Analyse des Theaters der Selektion erhofft sich diese Studie zum einen einen Beitrag zur konstruktiven Kritik an der Ethik des Applied Theatre, zum anderen aber auch einen Blick auf ein von Theatralität strukturiertes Gesellschaftsmodell, in dem die gelungene oder misslungene Aufführung zur Frage an der Teilhabe an Gesellschaft avanciert.

Die theatralen Personalauswahlverfahren der Assessment und Development Center situieren sich in ebendiesem, vorangehend dargelegten, äußerst komplexen Feld des Applied Theatre. Gemäß seinem politischen, therapeutischen oder pädagogischen Interventionsanspruch haben sich Analysen diesem Theater zumeist aus ethnologisch-kulturwissenschaftlicher oder soziologisch-pädagogischer Perspektive genähert und Fragen nach Effizienz, Optimierung und Nachhaltigkeit fokussiert.235 Die hier vorliegende Arbeit möchte dagegen eine Methodik der eigenen theaterwissenschaftlichen Disziplin, die Aufführungsanalyse, ins Feld führen, um mit Aussagen über die Ästhetik der Personalauswahlverfahren Rückschlüsse auf das Applied Theatre und schließlich auch auf das systemische Umfeld, in dem es verortet ist, ziehen zu können. Obgleich explizit ein Instrumentarium zur Analyse von Theateraufführungen, ist die Anwendung von Aufführungsanalyse auf Applied-Theatre-Projekte eher ungewöhnlich,236 da offenbar Fragen nach der Effizienz, Nachhaltigkeit oder möglichen Optimierung einer Intervention nicht mit einer Methode zur Analyse von transitorischer Ästhetik vereinbar erscheinen, die rein oberflächlich betrachtet eher in der Kunstsphäre Anwendung findet. Dies jedoch ist ein Trugschluss, da im Applied Theatre die institutionelle Rahmung, die interventionistische Zielsetzung, die ethischen Fragestellungen des Projekts und die Ästhetik unmittelbar miteinander verflochten sind.237 Zudem war die theaterwissenschaftliche Aufführungsanalyse wie der Theaterbegriff der Disziplin von jeher nicht auf die Kunstsphäre begrenzt.

Wird an anderer Stelle in dieser Studie darauf eingegangen, dass die Betrachtung der einzelnen Aufführung nicht allein den methodologischen Schlüssel zur Analyse eines Applied-Theatre-Projekts darstellen kann, da die Aufführung allgemein in derlei Projekten zuweilen zweitrangig ist und mit prozessualen Rahmenbedingungen, Proben, Anträgen, Diskussionen über das Spiel etc. ins Verhältnis gesetzt werden muss, so soll dies keinesfalls als Plädoyer gegen die Methode der Aufführungsanalyse missverstanden werden. Die Aufführung erweist sich vielmehr weiterhin als ein machtvolles Teilelement eines komplexen Geflechts, das von der Analyse der Aufführung her beschrieben werden kann.

Eva Horn nun nennt aus kulturwissenschaftlich-anthropologischer Sicht das Assessment Center explizit ein Theater und verweist gleichzeitig auf seinen Dispositivcharakter.238 Doch weder widmet sich ihr Essay der Frage nach der Stellung der Ästhetik in einem solchen Dispositiv noch bietet er Instrumente zur prozessbegleitenden Analyse dieser speziellen transitorischen Theaterereignisse an. Anknüpfend an Horn betrachtet die hier vorliegende Studie Assessment- und Development-Center-Verfahren, Applied Theatre aber auch Produktionen des Kunsttheaters als ästhetische Dispositive, in deren heterogenem Ensemble Ästhetik nicht abgelöst von Machteffekten und damit von Fragen nach Politik, Ethik und Subjektivation betrachtet werden kann. Die Aufführungen des Applied Theatre – hier wird dem dritten Kapitel vorausgegriffen – werden dabei als mikrodispositive, ästhetische Anordnungen verstanden, die wiederum von einem institutionellen wie einem gesamtgesellschaftlichen Dispositiv nächst höherer Ordnung erwählt wurden.

Um dieser komplexen Betrachtung gerecht zu werden, muss die Aufführungsanalyse mit einer Dispositivanalyse239 amalgamiert werden, was im folgenden, konkreten Fall bedeutet, klassische Beobachtungen der performativen Vorgänge einer szenischen Handlung, die Emergenzen, die referentiellen Bezüge, die Schauspieltechnik, die Ausstattung und das Kostüm, die Haltung des Publikums ins Verhältnis zu den rahmenden Machtrelationen zu setzen. Nicht zuletzt ist es dabei auch entscheidend, die eigene Position als forschend begleitender Fremdkörper in diesem Prozess, in dem eigentlich keine kontemplierende Zuschauerposition vorgesehen oder gar erwünscht ist und deren reine Anwesenheit schon nicht frei von Abhängigkeiten ist, mit zu reflektieren:

[D]ie eigene kulturelle und politische Position des Analysierenden in Debatten um applied theatre [gewinnt] fast zwangsläufig an Bedeutung […]. So sollte stets hinterfragt werden, in welchem Umfeld und aus welchen Traditionen heraus analytische Befunde und theoretische Überlegungen entstanden sind.240

Diese Forderung zieht eine Komplexität der Aufführungsanalyse in der Verschränkung der Betrachtung von Ästhetik, Macht, Ethik, Wissen und Subjekt mit sich, der nur eine Dispositivanalyse gerecht werden kann.241 Blick- und Machtachsen werden so im Folgenden von entscheidender Bedeutung sein. Das Schreiben des Theaterwissenschaftlers Adam Czirak zeigt dabei auf, dass sich zunächst alle theatralen Settings als partizipatorische, dispositive Geflechte aus Blickinteraktionen fassen lassen.242 Und mehr noch – mit Czirak muss darauf hingewiesen werden, dass das Blicken im Diskurs um das Dispositiv stets mit Macht gleichgesetzt, das Angeschaut-Werden dagegen mit der unterworfenen Position assoziiert ist.243 In anderen Diskursen nun, etwa der feministisch-psychoanalytischen Relektüre des Fetischismus, kann auch der Angeblickte den Blick fixieren und Macht über den Blickenden erlangen.244Blicken generalisiert mit Macht gleichzusetzen, muss somit als reine Zuschreibung eines phallozentristischen Kulturmodells gelten. Czirak verweist darauf, dass „jeder Sozialeffekt des Blicks auf eine sozionormative Rahmung angewiesen [ist], welche die Blickenden in eine Dependenzstruktur von Macht- und Anerkennungsansprüchen einbettet“245. Jene Rahmung, von der er spricht, wird im dritten Kapitel dieser Studie als Mesodispositiv beschrieben werden, in dem sich das konkrete Geflecht aus Blick- und Machtachsen des Mikrodispositivs der Aufführung situiert. Auch hier kann und soll nicht spekulativ behauptet werden, dass Blicken grundsätzlich mit machtvoller, Angeblickt-Werden mit der unterworfenen Position einherginge. Jedoch soll im Folgenden postuliert werden, dass das Blickarrangement der Assessment Center gerade derart entwickelt wurde, dass es den möglichen Machteffekt des Angeblickten explizit brechen soll, den Selbstdarsteller in den Fokus nimmt und unter machtvollen Blicken exponiert, um Makel zu entblößen. In den Settings, denen diese Studie gewidmet ist, ist daher Blicken mit Macht gleichgesetzt bis dahin, dass reglementiert wird, wer angeblickt werden darf, ohne dass daraus Verallgemeinerungen über Blick und Macht als generelle Kulturfunktionen abgeleitet werden sollen.

Zuletzt ist noch anzumerken, dass diese neue Form der Aufführungsanalyse sich zunächst anhand der konkreten Beschreibung der performativen Vorgänge nur dem ästhetischen Mikrodispositiv widmen kann: Sein Wechselverhältnis gegenseitiger Immanenz mit einem noch näher zu erläuternden institutionellen Meso- wie gesamtgesellschaftlichen Makrodispositiv zu beschreiben, bedarf des gesamten dritten Kapitels der vorliegenden Studie.

Im Folgenden soll nun am Beispiel der ästhetischen Mikrodispositivanordnung eines Development Centers bei der niederländischen Zweigstelle eines großen deutschen Automobilherstellers in Rijswijk, einem Vorort von Den Haag, eine Aufführungsanalyse mit einer Dispositivanalyse der Blick- und Machtachsen während der Aufführung verknüpft werden.

190Zu einer Engführung des politischen und theatralen Interventionsbegriffs vgl. auch Warstat u. a.: Theater als Intervention, S. 30ff.

191Rothe: S. 70f.

192Schramm: S. 307.

193Vgl. Etherton, Prentki: S. 153f.; Dalrymple, Lynn: „Has it made a difference? Understanding and measuring the impact of applied theatre with young people in the South African context“, in: Research in Drama Education: The Journal of Applied Theatre and Performance, 11:2, 2006, S. 201–218, hier S. 201f. u. 214f. (im Folgenden zitiert als: Dalrymple); Chinyowa: S. 337f.

194Vgl. Thompson: „Ein Hacken und Stechen“, S. 154ff.

195W. I., Unternehmenstheateranbieter, im Interview mit dem Autor im Rahmen eines Präsentationstags am 3. Dezember 2014.

196„Research studies conducted by Bray and his associates found the overall assessment ratings to be predictive of the actual career progress participants made within AT &T in later years. When the Bell system found a 10 to 30 percent improvement in selection success by using assessment center ratings instead of traditional selection procedures, the company increased its utilization of assessment center methods (Bray, Campbell, & Grant, 1974).“ Wendel, Sybouts: S. 19.

197Vgl. Etherton, Prentki: S. 153f.; Dalrymple: S. 201f. u. 214f. sowie Chinyowa: S. 337f.

198Als ebenso akribisch im Festhalten von Daten über impact und Nachhaltigkeit kann die Dokumentation der Applied-Theatre-Methode der fixierten Rollentherapie in der Verhaltenstherapie angeführt werden. Auch an diesem Beispiel ist die Frage der Übertragung verlässlicher oder zumindest ausgereifterer Methoden der Messung von impact und Nachhaltigkeit eher ethischer Natur: Wollte man zum Nachweis der Effizienz der Methode Teilnehmerinnen an einem Workshop im theatre for development im politischen Prozess begleiten wie Patienten in der Therapie oder Mitarbeiterinnen in der Personalentwicklung? Vgl. Laux, Renner: „Theater als Modell für die Persönlichkeitspsychologie“, S. 101.

199Vgl. Fischer-Lichte: Ästhetik des Performativen, S. 61.

200Vgl. ebd.

201Vgl. Caillois: S. 20.

202Warstat u. a.: Theater als Intervention, S. 29.

203Vgl. Thompson: „Ein Hacken und Stechen“, S. 154–181.

204Vgl. Möbius, Janina: „Die Krux mit dem Kreuz – Passionsspiele im Jugendgefängnis San Fernando in Mexiko-Stadt“, in: Warstat u. a.: Applied Theatre – Rahmen und Positionen, S. 137–153, hier S. 146f.

205Vgl. Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 10.

206Vgl. Ackroyd: „Applied Theatre: An Exclusionary Discourse“, S. 7f.

207„Ich habe persönlich eine Vision … und meine Vision ist dafür zu sorgen, dass das [Mitarbeitercoaching] auch etwas Bleibendes ist … also diesen kulturellen Wandel wirklich nachhaltig in die DNA jedes einzelnen Mitarbeiters bei uns entsprechend zu verpflanzen.“ Zitat aus einem Interview zwischen Carmen Losmann und einem Mitarbeiter-Coach aus Carmen Losmann Work Hard – Play Hard, Deutschland 2012, in: Evers, Florian: „Willkommen in Dystopia – Carmen Losmanns Work Hard – Play Hard“, The Aesthetics of Applied Theatre (Blog), Januar 2014. www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/applied-theatre/Blog/Florian-Evers/Willkommen-in-Dystopia-_-Carmen-Losmanns-Work-Hard-_-Play-Hard.html (zuletzt aufgerufen am 13. Juli 2018) (im Folgenden zitiert als: Evers: „Willkommen in Dystopia“).

208Vgl. Schreyögg, Dabitz: S. 6; Hüttler: S. 184 sowie Evers, Lempa: S. 247f.

209Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e. V.: AC-Standards, S. 4–13.

210Vgl. Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 16.

211Vgl. Thompson: Applied Theatre, S. 17.

212Vgl. Heinicke: „Koloniale Fallstricke erkennen und meiden“, S. 120–126.

213Vgl. Warstat u. a.: „Einleitung“.

214Vgl. Balfour, Michael/Flade, Kristin: „Limits, Failures and Ethics – Theatre and War. A Conversation between Kristin Flade and Michael Balfour“, The Aesthetics of Applied Theatre(Blog), September 2014, www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/applied-theatre/Blog/Kristin-Flade/Limits_-Failures-and-Ethics-_-Theatre-and-War.html (zuletzt aufgerufen am 13. Juli 2018) und Thompson: Applied Theatre, S. 167.

215Skeiker, Fadi: Vortrag zum Applied Theatre mit politischen Aktivistinnen und Geflüchteten, Institut für Theaterwissenschaft, Freie Universität Berlin, Berlin, 9. Juni 2016.

216Vgl. Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 11.

217Vom Applied Theatre als pressewirksames Surrogat kann man etwa bei James Thompson lesen, vgl. Thompson: „Ein Hacken und Stechen“, S. 158.

218Rancière, Jacques: Der emanzipierte Zuschauer, Wien 2009, S. 11f. (im Folgenden zitiert als: Rancière).

219Ebd., S. 12.

220Vgl. ebd., S. 13.

221Vgl. ebd., S. 15.

222Das Projekt The Aesthetics of Applied Theatre hat an anderer Stelle angemerkt, dass der von Rancière eröffnete Diskurs in seiner Theoriebildung in einer eurozentrischen Auffassung von Ästhetik verhaftet ist, und Rustom Bharuchas Problematisierung der Anwendung dieser Argumentation auf internationale Theatermodelle wiedergegeben, vgl. Warstat u. a.: Theater als Intervention, S. 152 und Bharucha, Rustom: „Problematizing Applied Theatre: A Search for Alternative Paradigms”, in: Research in Drama Education: The Journal of Applied Theatre and Performance (2011), 16, (3), ), S. 365–384. Da an anderer Stelle von Viktor Ukaegbu nachgewiesen wurde, dass der gesamte Applied-Theatre-Diskurs westlich-eurozentrischer Couleur ist, erscheint es an dieser Stelle hinreichend, diese Konstellation zwar anzumahnen, sich aber weiter innerhalb des Diskurses zu bewegen, da ein Außerhalb den gesamten Gegenstand dieser Studie für obsolet erklären würde, vgl. Ukaegbu: S. 45–54.

223Vgl. Harvie: S. 60f.

224Vgl. Ackroyd: „Applied Theatre: Problems and Possibilities“, S. 6 und dies.: „Applied Theatre: An Exclusionary Discourse“, S. 8.

225Vgl. Hüttler: S. 182.

226Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 15.

227Vgl. Evers, Florian/Flade, Kristin: „Serious Games IV: Über Pick Up Artists“, The Aesthetics of Applied Theatre (Blog), Dezember 2014. www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/applied-theatre/Blog/Florian-Evers/Serious-Games-IV-Ueber-Pick-Up-Artists.html (zuletzt aufgerufen am 13. Juli 2018).

228Vgl. Evers, Florian: „Serious Games III: Hell Houses“, The Aesthetics of Applied Theatre (Blog), Oktober 2014. www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/applied-theatre/Blog/Florian-Evers/Serious-Games-III_-Hell-Houses.html (zuletzt aufgerufen am 13. Juli 2018).

229Vgl. Farocki, Harun: „Serious Games“, in: intervalla: Vol. 2, 2014, S. 123–126.

230Vgl. Ackroyd: „Applied Theatre: An Exclusionary Discourse“, S. 8; Hüttler: S. 182.

231Breed: „Environmental aesthetics, social engagement and aesthetic experiences in Central Asia“, S. 97f.

232Vgl. Bateson: S. 241ff.

233Vgl. Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 10f; Evers, Lempa: S. 247f. sowie Hüttler: S. 182.

234Vgl. Evers, Lempa: S. 247f.

235Vgl. Warstat u. a.: Theater als Intervention, S. 137.

236Vgl. ebd.

237Vgl. Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 14f.

238Vgl. Horn: S. 124f.

239Aktuell erfährt die Dispositivanalyse als Analyse von Macht, die sich innerhalb von Strukturen auf Subjekte richtet, sowohl in der Soziologie als auch in der Theaterwissenschaft eine Renaissance. Zu nennen wären: Bührmann, Schneider sowie der parallel zu dieser Studie entstandene Sammelband Theater als Dispositiv. Dysfunktion, Fiktion und Wissen in der Ordnung der Aufführung, vgl. Aggermann, Döcker, Siegmund. Der ausführlichen Herleitung der Methode der Dispositivanalyse wird in dieser Studie das dritte Kapitel gewidmet werden. Der Begriff ist dabei nicht eindeutig besetzt und so, wie er hier verwendet wird, steht er in der Tradition von Foucaults Überwachen und Strafen, den Dispositivanalysen der Apparatustheorie der Filmwissenschaft und dem ebenfalls in der Tradition Foucaults verwendeten Dispositivbegriff der Soziologen Ulrich Bröckling und Andreas Reckwitz. Eine theaterwissenschaftliche Dispositivanalyse soll dabei explizit als Forschungsergebnis dieser Studie vorgeschlagen werden.

240Warstat u. a.: Theater als Intervention, S. 152.

241Vgl. ebd., S. 154; Warstat u. a.: „Einleitung“, S. 14–17 sowie Evers, Lempa: S. 239.

242Vgl. Czirak, Adam: Partizipation der BlickeSzenerien des Sehens und Gesehenwerdens in Theater und Performance, Bielefeld 2012, S. 197 (im Folgenden zitiert als: Czirak: Partizipation der Blicke).

243Vgl. ebd., S. 203.

244Ebd., S. 91.

245Czirak: S. 291.

teilen:

Assoziationen

Neuerscheinungen im Verlag

Alex Tatarsky in „The Future Is For/ Boating“ von Pat Oleszkos, kuratiert von ACOMPI für die Galerie David Peter Francis, Juni 2024, vor dem Lady Liberty Deli im St. George Terminal, Staten Island, New York