Magazin
„Monotone Musik der Seele“
Zum Tod des Schauspielers Walter Schmidinger
von Gunnar Decker
Erschienen in: Theater der Zeit: Philipp Hochmair: Ein Mann, alle Rollen (11/2013)
In seiner Autobiografie „Angst vor dem Glück“ schrieb Walter Schmidinger, er sei ein glückliches Kind gewesen. Verträumt und ängstlich. Beides ist er geblieben. Nur das Glück war plötzlich weg, kam ihm später wie etwas Unheimliches vor.
Die Familie Schmidinger: arm, der Vater kam als Schwerinvalide aus dem Ersten Weltkrieg. Kindheit ist Kriegszeit in Linz, dort wurde er 1933 geboren. Ein fanatisches Nazi-Nest, Krebszelle der „Bewegung“. Nachmittags saßen er und ein Freund oft im Rosenstübl, einem Tanzlokal mit glänzender Tanzfläche in der Mitte, und erledigten dort ihre Schularbeiten. Dieser Ort faszinierte ihn. „Später erfuhr ich, dass Adolf Eichmann oft in dieser Bar getanzt hat.“
Es gibt keine Inseln der Unschuld im Meer der Geschichte, wo die Trümmer zerborstener Ideologien treiben. Obwohl man in Linz noch lange nach dem Krieg nicht glaubt, dass sie wirklich zerborsten seien. Die ältere Schwester heiratet einen SS-Mann. Als der an der Front ist, beginnt sie eine Affäre mit einem italienischen Gastarbeiter. Nazi-Linz ist empört. Die Mutter wird zur Gestapo vorgeladen, und als sie wiederkommt, spricht sie kein Wort mehr. Kurz darauf ist sie verschwunden – für immer.
Der Ehemann der Schwester verlangt nicht nur die Scheidung, sondern auch, dass die Frau (und Mutter zweier Kinder) ins...