Theater der Zeit

Gespräch

On the road

Juan Meliá, Leiter der Coordinación Nacional de Teatro, über die Internationalisierung des mexikanischen Theaters im Gespräch

von Juan Meliá und Eleno Guzmán Gutiérrez

Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Mexiko (03/2015)

Assoziationen: Nordamerika Akteure

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Jüngste Statistiken über die Theateraktivitäten des Landes berichten von einer kontinuierlichen Blütezeit der mexikanischen Szene und von ihrem großen Reichtum. Dennoch nimmt man auf internationalem Niveau das mexikanische Theater kaum wahr. Der Internationalisierungsprozess befindet sich noch im Anfangsstadium. Theaterkompanien wie Lagartijas Tiradas al Sol (Eidechsen in der Sonne), Teatro Línea de Sombra (Theater Schattenlinie), Teatro de Ciertos Habitantes (Theater der besonderen Einwohner), Teatro Ojo (Theater Auge), gefolgt von aufstrebenden Gruppen wie Vaca 35 (Kuh 35) und Los Colochos (Die Haarlocken) legten hierfür den Grundstein, indem sie vor allem auf europäischen und lateinamerikanischen Festivals eine große Resonanz hervorriefen. Ihre Ansätze, sich nachhaltig der komplexen und gewalttätigen Realität im Land zu widmen, werden von eindringlichen ästhetischen Diskursen begleitet, die sich auf Forschung und Dokumentation stützen. Sie scheinen eine diskursive und ästhetische Leere zu füllen, was das internationale Publikum neugierig macht. Juan Meliá, Leiter der Coordinación Nacional de Teatro (Nationale Koordinierungsstelle für Theater), ist einer der Protagonisten dieser neuen Dynamik. Er hat es sich seit 2009 zur Aufgabe gemacht, die Mobilität des mexikanischen Theater in der ganzen Welt zu fördern.

Juan Meliá, welche Faktoren haben Sie dazu bewogen, den Fokus Ihrer Arbeit auf die Internationalisierung des mexikanischen Theaters zu legen?

Es gibt eine Reihe von Realitäten, die uns dazu drängen, zu denken, dass die Internationalisierung der Theaterspezialisten, -kompanien und Stücke ein notwendiges und unvermeidliches Thema ist: die Notwendigkeit, eine sehr ausgeprägte Gewohnheit, nämlich den Mangel an Bewegung, sowohl national als auch international betrachtet zu ändern; die Lebensdauer der Werke zu verlängern mit dem Ziel, dass der komplexe szenische Prozess reift und die Projekte eine eigene Sprache entwickeln können; die erhöhte Sichtbarkeit und Anerkennung unserer Theaterschaffenden in anderen Regionen des Landes, eine Tatsache, die vorher nicht als eine Priorität betrachtet wurde.

Welches ist das größte Potenzial des Theaters in Mexiko?

Seine Verknüpfung mit der Realität und das Zusammenleben von verschiedenen, sehr professionellen Generationen, die sich aus vielfältigen kreativen Strömungen zusammensetzen. Was die Leistungsfähigkeit des Theaters anbelangt, denke ich, dass die mexikanische Dramatik mit Autorinnen und Autoren wie Edgar Chías, Bárbara Colio, Alberto Villarreal, LEGOM und Alejandro Ricaño, um nur einige zu nennen, eine interessante Zeit im Ausland erlebt, denn sie ist heute mannigfaltiger und risikobereiter.

Gibt es Netzwerke für die künstlerische Zusammenarbeit zwischen Mexiko und anderen Ländern?

Wir stellen fest, dass unsere Kenntnisse über „die Anderen“ in Wirklichkeit sehr begrenzt waren – und umgekehrt. Gerade arbeitet man sehr intensiv mit Ländern wie Spanien, Kolumbien und Argentinien zusammen. Dennoch müssen wir stabile Netzwerke mit anderen Regionen und Ländern gründen. Die Präsenz mexikanischer Kompanien auf internationalen Festivals wurde in den letzten Jahren verstärkt. Es müssten jedoch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die über das Schema Festival hinausgehen und weitere Kreisläufe und Veranstaltungen in unterschiedlichen Zeitperioden für Aufführungen nationaler Werke im Ausland schaffen.
Bei internationalen Ausschreibungen wie dem Fringe- Festival in Madrid hatte Mexiko die zweitgrößte Zahl von Bewerbern. Der durchschlagende Erfolg der Inszenierung „Lo único que necesita una gran actriz, es una gran obra y las ganas de triunfar“ (Das Einzige, was eine Schauspielerin braucht, ist ein großes Werk und die Lust, zu triumphieren) der Gruppe Vaca 35 auf der FiraTàrrega, einem internationalen Markt für die darstellenden Künste in Tàrrega, im Jahr 2013 und der erste Platz der Kritik für die Gruppe Los Colochos mit „Mendoza“ (frei nach „Macbeth“) auf dem Festival Almagro Off 2014 in Spanien führten dazu, dass die Festivalorganisatoren ihr Augenmerk auf das mexikanische Theater richteten. Dabei hoffen sie darauf, den kraftvollen und sozialkritischen Moment, den man im Land erlebt, auch auf der Bühne zu sehen, was sicherlich eine harte, andersartige und denkwürdige Erfahrung sein kann für die Zuschauer in anderen Breiten. //

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