Kommentar zur neuen Intendanz in Dresden
Back to the Roots
Hasko Weber wird ab Sommer 2027 neuer Intendant des Staatsschauspiel Dresden. Er übernimmt damit das größte Sprechtheater Mitteldeutschlands.
Assoziationen: Sachsen Hasko Weber Staatsschauspiel Dresden
Hasko Weber ist kein Unbekannter in Dresden, dort fing er einst mit ersten Arbeiten an. Bis zum Sommer 2025 war er zwölf Jahre lang Generalintendant am Deutschen Nationaltheater in Weimar. Zur Zeit ist er übergangsweise Intendant am Staatstheater Cottbus. Ab der Spielzeit 2027/2028 wird Weber als Intendant an das Staatsschauspiel Dresden berufen. Er wird dann 63 Jahre alt sein. Am Ende seines Vertrags, 2032, 68 Jahre. Ein echter Generationswechsel ist das also nicht. Man kann es als eine kluge Entscheidung in schwieriger Zeit sehen. Weber hat langjährige Erfahrung als Regisseur und Intendant und ist in der Theaterszene gut vernetzt – auch durch seine Aufgaben als Vizepräsident des Deutschen Bühnenverein.
Sachsen erlebt eine schwierige Zeit. Kriege und Krisen reißen finanzielle Löcher. Auch beim Theaterbesuch sitzt das Geld nicht mehr so locker. Wenn, dann sind Unterhaltung und Ablenkung gefragt. Ein erfahrener Kapitän in stürmischer See, der den Dampfer auf Kurs halten kann: diese Entscheidung passt. Webers Wahl bedeutet Kontinuität. Das Staatsschauspiel Dresden gehört neben der Staatsoper – der Semperoper – zum Sächsischen Staatstheater. Beide Häuser werden vom Freistaat Sachsen finanziert, beide haben einen kaufmännischen Geschäftsführer: Wolfgang Rothe. Neben ihm steht die Intendantin der Semperoper, Nora Schmid. Mit Hasko Weber als neuem Schauspielchef bleibt man ein bewährtes Trio, während anderswo, z. B. in Weimar oder Magdeburg, Teamintendanzen in Mode sind.
Der Freistaat Sachsen als Träger der Staatsschauspiels setzt mit der Berufung Hasko Webers auf Sicherheit und Kontinuität. Barbara Klepsch, die sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus sagt dazu: „Er ist einer der erfahrendsten Intendanten im deutschsprachigen Raum und kennt Dresden und das Staatsschauspiel durch seine langjährige Tätigkeit außerordentlich gut. Er ist ein ausgezeichneter Vermittler und Kommunikator, der das Verbindende zwischen unterschiedlichen Positionen herausstellt und sich dadurch viel Respekt von allen Seiten verschafft. Ich bin sicher, dass Hasko Weber die Herausforderungen der nächsten Jahre mit uns gemeinsam bewältigen wird.“
Theater von der Pike auf gelernt
Hasko Weber wurde am 1963 in Dresden geboren. Nach Abitur und Lehre studierte er von 1985 bis 1989 Schauspiel an der Theaterhochschule Leipzig. Erste Bühnenerfahrung sammelte er in Karl-Marx-Stadt, und engagierte sich dort auch in der Wendezeit für die Bürgerrechte. Ab 1990 war er, erst als Gast dann fest, am Staatsschauspiel Dresden engagiert. Sein damaliger Intendant und Mentor Dieter Görne verpflichtete ihn auch als Regisseur. Von 1993 bis 2021 war er am Haus auch Schauspieldirektor. Im Jahr 2002 ging Weber als Regisseur nach Stuttgart, war dort ab 2005 Schauspielintendant, bis er 2013 als Generalintendant an das Deutsche Nationaltheater Weimar wechselte, wo er bis zum Sommer 2025 blieb. In dieser Spielzeit 2025/2026 springt er als Intendant am Staatstheater Cottbus für eine Übergangszeit ein, bis eine neue Leitung dort gefunden ist.
Theater als Fest und Stifter von Identitäten
Im Unterschied zu Joachim Klement, der sein Handwerk als Dramaturg gelernt hat, führt Hasko Weber selbst Regie und ist ausgebildeter Schauspieler, hat also viel Herz und Praxisbezug zur Arbeit auf und hinter der Bühne. Künstlerisch lagen ihm in der Klassikerstadt Weimar drei Dinge am Herzen: eine zeitgemäße Interpretation der Klassiker, das Theater als ein Fest und drittens ein Fokus auf neuen Texten über die DDR- und Nachwendezeit. Autoren wie Dirk Laucke mit „Ich liebe Dir“, Juli Zeh mit „Unterleuten“ oder Thomas Freyer mit „Treuhandkriegspanorama“ und „Dumme Jahre“ waren als Uraufführungen im Spielplan präsent. Mit Luise Voigts „Wir sind das Volk“ gab es zuletzt auch ein deutliches Statement für dokumentierendes Theater, das – mit Luther – dem Volk auf’s Maul schaut. Weber selbst hatte u. a. einen musikalischen Erinnerungsabend an die Klaus-Renft-Combo in Szene gesetzt und damit einen Publikumserfolg eingefahren. Theater, das Identität stiftet und sich mit Heimat auseinandersetzt, ist ihm wichtig. Seine Sommertheater waren wahre Theaterfeste, die zuletzt viel Zirkusflair verbreitet hatten. Gleiches gilt wohl auch für das Kunstfest Weimar, das das Deutsche Nationaltheater an ein Stadtfest anmutend veranstaltet.
Neue, bleibende Aufgaben: Bürgerbühne und Montagscafé
Die Theaterwelt ändert sich seit ein paar Jahren deutlich. Die Zeit des klassischen Stadt- und Staatstheaters ist vorbei. Nicht nur, weil Goethe nicht mehr Schulstoff ist wie früher. Es gibt neue Standbeine und Aufgaben. Am Staatsschauspiel Dresden ist die Bürgerbühne seit 2009 fest verankert; seit 2015 das Format der Montagscafés, was eine Begegnungsstätte für alteingesessene und neu angekommene Dresdener ist, auch für Geflüchtete aus Nahost und der Ukraine. Mit dem Projekt X-Dörfer, dass am Staatsschauspiel angedockt ist, versucht man in der Region um Dresden herum Kulturprojekte zu fördern: in Pirna war das eine Art Schreibwerkstatt; in Riesa hat man versucht leerstehende Geschäfte in der Innenstadt zu beleben. Solche Dinge sind kein Theater im engeren Sinne, aber eine neue Säule, mit der man kulturelle Begegnungsräume schaffen möchte, die es besonders auf dem Land weniger gibt – vor allem wenn Kneipen und Kinos schließen.
Rückkehr zu den Wurzeln
Am Staatsschauspiel Dresden sollen die Bürgerbühne und das Montagscafé als „prägende Säulen“ weiterentwickelt werden. So stand es im Ausschreibungstext für die neue Intendanz. Auch das Schauspielstudio soll weitergeführt werden, also die Kooperation mit der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig bei der Schauspielausbildung, die Weber selbst als Student erlebt hat. Auf der Wunschliste stehen außerdem internationale Strahlkraft und ein neues Publikum, das hinzugewonnen werden soll. Die breite Akzeptanz des Theaters in der Stadt ist ein wichtiger Punkt, auch weil rechtspopulistische Politik dem Theater gerne vorwirft, ideologisch links und einseitig zu sein. Das Anforderungsprofil wirkt wie maßgeschneidert auf Hasko Weber. Es könnten gute Jahre werden. Und für Hasko Weber nach einem Vierteljahrhundert eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Er jedenfalls freut sich:
Hasko Weber: „Das Verhältnis zwischen Ensemble und Publikum hat in Dresden einen hohen Stellenwert. Gerade in Zeiten politischer und sozialer Fragestellungen, die unser Selbstverständnis täglich herausfordern, halte ich die Kunst und den Austausch darüber für unverzichtbar. Das Staatsschauspiel war und ist dafür ein zentraler Ort.“
Erschienen am 16.12.2025


















