Wenn ein Mann vom Schlage des Konsuls Bernick, eines Unternehmers und Werftbesitzers, von seiner „bürgerlichen Existenz“ spricht, meint er nichts anderes als ererbten oder erworbenen Wohlstand; an dieser hübschen Semantik hat sich bis heute nichts geändert. „Stützen der Gesellschaft“ (1877) ist ein frühes Werk Henrik Ibsens, der Titel ist natürlich ironisch konnotiert, aber am Schluss darf der Titelheld von einer erstaunlichen und gar nicht mehr so ironisch gemeinten Katharsis profitieren: Er bereut seine Sünden, vollzieht eine Wendung um 180 Grad, rettet in einer wundersamen Performance seine „bürgerliche Existenz“ und wird tatsächlich zu einer „Stütze der Gesellschaft“, obwohl dieser Ruhmestitel seiner Meinung nach vornehmlich den Frauen zukäme – eine Volte, die in Tilmann Köhlers Inszenierung bei Bernicks Schwägerin Lona (Yohanna Schwertfeger), seiner eigentlichen Liebe, einen Brechreiz auslöst. Überhaupt kann Köhlers Regie den euphemistischen Schluss des Dramas nicht für voll nehmen; der Konsul baumelt in der Pose des Gekreuzigten über der umgestürzten Bühne und predigt denen, die sich davon nicht mehr bekehren oder beeindrucken lassen. Sein Söhnchen Olaf greift gar zur Pistole, um den Patriarchen symbolträchtig zu erschießen.
Wenn die „Stützen“ heute fast von den Spielplänen verschwunden sind, dann erstens dieses Schlusses wegen, den man nur noch, mit sanfter Gewalt, in Ironie...