Kein einzelnes Wesen sein: Otobong Nkanga und Theaster Gates
von Robert Maharajh
Erschienen in: CHANGES – Berliner Festspiele 2012–2021. Formate, Digitalkultur, Identitätspolitik, Immersion, Nachhaltigkeit (10/2021)
„Die Politik schlägt vor, uns zu Besseren zu machen, aber es ging uns schon gut in der gegenseitigen Verschuldung, die sich niemals gut machen lässt. Wir schulden es einander gegenseitig, die Institution zu widerlegen, die Politik unverbesserlich zu machen, unsere eigene Festlegung Lügen zu strafen. Wir schulden einander das Unbestimmte. Wir schulden einander alles.“1
(Stefano Harney und Fred Moten)
In Bezug auf seine Entscheidung, die Archive der Johnson Publishing Company zu erwerben, macht Theaster Gates deutlich, dass er sich nicht als Archivar im herkömmlichen Sinne versteht: „Meine Sammlungen sind immer noch aktives Rohmaterial, ich bastele immer noch daran herum … Die Zusammenstellung ist nie abgeschlossen, sie ist nicht immer abrufbar – es ist ein Haufen Zeug.“2 Was ihn interessiert, ist „die Macht, alltägliche Dinge so zu organisieren, dass die Leute verstehen, dass die Besonderheit nicht immer in der Sache selbst liegt – sondern darin, dass eine Gesellschaft, eine Nation, ein Volk oder eine Person sich die Mühe macht, sie zu organisieren.“3
Was wird in einem Archiv oder einer Institution aufbewahrt – und warum? Was hat Wert und ist zukunftsfähig, und was wird am Ende entwertet, verdrängt, im Keller versteckt? Diese Fragen sind zutiefst mit Macht, Autorität...